Der NanaOne-Japanischkurs, Kapitel 6

 

Japanisch für den allergrößten Volltrottel, der sich niemals fortpflanzen sollte

Kapitel 6 –

Noch mehr Kana-Unsinn zum Auswendiglernen, um die Leser noch mehr zu vergraulen

 

Das ist nun ehrlich das letzte Kapitel, in dem es um Schriftzeichen geht, versprochen! Aber ohne ein bisschen mehr Hintergrundwissen kann man nicht selbstständig weiterlernen, also passt auf.

Seit Kapitel 1 wissen wir, wie man Wörter wie Neko oder Baka in der richtigen Schrift schreibt bzw. was z.B. わたし in lateinischer Schrift bedeutet. Eines Tages gewinnt aber plötzlich unser innerer Weeaboo-Schweinehund die Überhand und wir fangen an, unsere kleine Schwester Klothilde plötzlich „Klo-chan“ zu nennen. Weil wir auch schon so klug sind und uns alle Schriftzeichen aus Kapitel 1 gemerkt haben, versuchen wir, dieses „chan“ mal in Hiragana zu schreiben – aber wir scheitern schon am ersten Zeichen. Wir finden zwar ein „chi„-Zeichen, aber wo zur Hölle versteckt sich das „cha„?

Vor dem selben Problem standen auch die Japaner, als sie die Silbenschrift erfunden haben. Sie hatten bereits 47 Zeichen für jede Silbenschrift hingekritzelt, mussten sie für solche besonderen Laute wirklich noch mehr Zeichen erfinden? „Nein“, sagte Faulbert Faul aus der Faulstraße 12, „wir kombinieren einfach zwei Zeichen und schreiben das zweite Zeichen klein“. Und so wurden die kleinen Kana geboren.

Grundsätzlich nimmt man sich wirklich bloß ein großes Kana und kombiniert es mit einem kleinen Kana, das man hinten dranschreibt. Mögliche Kombinationen sind:

ki + ya –> kya  ( き + ゃ –> きゃ )
ki + yu –> kyu ( き + ゅ –> きゅ )
ki + yo –> kyo ( き + ょ –> きょ )
shi + ya –> sha ( し + ゃ –> しゃ )
shi + yu –> shu  (し + ゅ –> しゅ )
shi + yo –> sho ( し + ょ –> しょ )
chi + ya –> cha ( ち + ゃ –> ちゃ )

Ach, ich hab keine Lust mehr. Hier die Kurzfassung: Man nimmt sich ein KI, SHI, CHI, NI, HI, MI oder ein RI und kombiniert dieses Zeichen mit YA, YU oder YO, um zum Beispiel ein KYA, SHO (nicht „SHYO“!), CHU (nicht „CHYU“!), NYA, HYO, MYU oder ein RYA zu erhalten. Wie würde man dann also „chan“ schreiben?

Richtig: CHI – kleines YA – N (ちゃん).

Ist ja praktisch, so ne Kombinationsmöglichkeit. Hm, was heißt eigentlich „praktisch“ auf Japanisch? „Benri, sagt mein kleines Wörterbuch, das blöderweise keine Kana-Schreibung nebenbei stehen hat, also muss ich’s mir wohl selbst aufschreiben. Uuuuuuuuuuuund wieder tappen wir gleich am Anfang auf eine Falle. Wo ist dieses verdammte „BE„?

Machen wir wieder eine Zeitreise zurück zu den Wurzeln der japanischen Silbenschriften. Die Japaner sitzen gemütlich beim Lagerfeuer und sind kurz davor, ein neues Zeichen für „BE“ zu erfinden, als aus heiterem Himmel Faulberts Schwester Faulina aufspringt und ruft: „Setzen wir über alle H-Zeichen in der Kana-Tabelle einfach zwei kleine Striche ( sog. „dakuten“) und nennen sie dann B-Zeichen!“

 

 

 

 

 

Tjo, und das haben die Japaner dann nicht nur mit H gemacht, sondern auch mit K, S und T.

KA, KI, KU, KE, KO ( か き く け こ ) GA, GI, GU, GE, GO ( が ぎ ぐ げ ご )
SA, SHI, SU, SE, SO ( さ し す せ そ ) ZA, JI, ZU, ZE, ZO ( ざ じ ず ぜ ぞ )
TA, CHI, TSU, TE, TO ( た ち つ て と ) DA, JI, ZU, DE, DO ( だ ぢ づ で ど )
HA, HI, FU, HE, HO ( は ひ ふ へ ほ ) BA, BI, BU, BE, BO ( ば び ぶ べ ぼ )

 

(Jep, die Umschriften, die doppelt vorkommen (JI und ZU) werden gleich ausgesprochen, aber für unterschiedliche Wörter verwendet, also Vorsicht!)

Das alles funktioniert natürlich auch wieder mit Kombinationen. Aus GI und einem kleinen YA wird GYA, aus JI und einem kleinen YO wird JO und aus BI und einem kleinen YU wird BYU. Mit diesen Kombinationen mache ich keine Liste oder Tabelle, weil ihr  hier mitdenken sollt. Aus JI und YU wird zum Beispiel nicht JYU, sondern JU!


Frage: Haaalt stopp, da fehlt doch noch was! Wie schreibt man zum Beispiel das PA wie in „pan“ (Brot)?

Antwort: Wieder mit den H-Zeichen.

Frage: Aber sind die H-Zeichen nicht schon für die B-Zeichen zuständig?

Antwort: Nicht, wenn man statt den zwei Strichen einen Kreis hinkritzelt. ( sog. „handakuten“)

So wird aus HA, HI, FU, HE und HO ( は ひ ふ へ ほ )
ein PA, PI, PU, PE und PO ( ぱ ぴ ぷ ぺ ぽ ). So einfach ist das! Jetzt können wir endlich alles in Kana schreiben, was wir wollen!

Nicht.

Uns fehlt noch das sogenannte Sokuon. Das ist ein klein geschriebenes TSU ( っ ), das dazu benutzt wird, um eine Art kurze Sprechpause zu bilden und in der Umschrift einen Doppelkonsonanten bildet. Wollen wir also das Wort „kappa“ (dieses grüne, gurkenfressende Viech aus der japanischen Mythologie) schreiben, brauchen wir so ein kleines TSU, um aus dem einzelnen P ein doppeltes P zu machen. かぱ wäre bloß ein langweiliges „Kapa„, aber wenn wir ein Sokuon dazwischenquetschen –    かっぱ    – wird daraus ein hübsches „Kappa„. Das funktioniert mit Kana aus den Spalten K, S und T.

Man merkt wohl, dass ich keine Lust mehr aufs Schreiben habe, oder? Das liegt daran, dass ich das Thema schon drölftausend Male erklärt hab und mir die Lust darauf vergangen ist – deswegen schauen wir uns jetzt zum Schluss noch schnell an, welche Ausnahmefälle es gibt, die normalerweise nicht in einem 0815-Kurs stehen.

Zum einen haben wir in unseren üblichen Transkriptionen manchmal einen kleinen Strich ( ‚ ) stehen. Das zeigt an, dass es in der Kana-Schreibung keine Kombination gibt, obwohl theoretisch eine gebildet werden könnte. Verwirrt? Gut, ein Beispiel:

kin’youbi“ (Freitag), wie könnte man das schreiben? Machen wir es silbenweise:

  • Zuerst ein KI (  き )
  • Dann eine Kombination mittels NI und einem kleinen YO, sodass wir ein NYO erhalten ( きにょ )
  • Nun nur noch ein U und ein BI, und fertig ist die Sache. ( きにょうび )

Tja, ihr dürft euch jetzt alle getrollt fühlen, denn durch den kleinen Strich in der lateinischen Umschreibung gilt diese Reihenfolge der Schreibung gar nicht. N‘ zeigt an, dass das N alleine stehen muss und es keine Kombination an der Stelle gibt. Machen wir’s diesmal richtig:

  • Erst wieder das KI (  き )
  • Jetzt müssen wir wegen des Strichs ein einzelnes N schreiben ( きん )
  • Der Rest ist eh idiotensicher. YO-U-BI ( きんようび )

     

Okay, das war Punkt 1. Punkt 2 ist um einiges größer, weil zwar für Katakana dieselben Regeln gelten wie für Hiragana (also eigentlich das gesamte bisherige Kapitel), aber Katakana haben wegen ihres Zwanges, ganze fremde Sprachen irgendwie in das japanische Silbensystem zu zwängen, einige zusätzliche Kombinationsmöglichkeiten. Und weil ich keine Lust mehr hab, die irgendwie in Prosatext zu erklären, gibt’s wieder ’ne Liste, hurra!

TE + kleines I ( テ + ィ ) TI ( ティ )
DE + kleines I ( デ + ィ ) DI ( ディ )
TO + kleines U ( ト + ゥ ) TU ( トゥ )
DO + kleines U ( ド + ゥ ) DU ( ドゥ )
SE + kleines I ( セ + ィ ) SI ( セィ )
ZE + kleines I ( ゼ + ィ ) ZI ( ゼィ )
CHI + kleines E ( チ + ェ ) CHE ( チェ )
SHI + kleines E ( シ + ェ ) SHE ( シェ )
JI + kleines E ( ヂ/ジ + ェ ) JE ( ヂェ / ジェ )
U + kleines I ( ウ + ィ ) WI( ウィ )
U + kleines E ( ウ + ェ ) WE ( ウェ )

 

Das sind allerdings keine standardisierten Kombinationsmöglichkeiten, also Angaben ohne Gewehr oder sonstige Schusswaffen.

Noch was zum Schluss: In Katakana werden Vokale üblicherweise nicht mit der zweiten Schreibung des jeweiligen Vokals verdoppelt (also OO schreibt man nicht オオ), sondern mit dem sogenannten „chouon ( ー ). Dobermann wird also nicht etwa ドオベルマン geschrieben,
sondern ドーベルマン. (Aber es wird trotzdem als „dooberuman“ oder „dōberuman“ umschrieben. Transkriptionen, u so silly.)

Gibt’s nach diesem anstrengenden Kapitel noch irgendwas zur japanischen Schrift und zu Transkriptionen zu sagen? Ja, jede Menge sogar, aber mein Versprechen ganz oben im Text breche ich lieber viiieeeel später, wenn es alle vergessen haben 😀

Autor:
Datum: 12.02.2012
Kategorien: Blog, NanaOne-Japanischkurs

  1. 1 | masat

    In der letzten Zeile zu kin’youbi fehlt das Zeichen für ‚BI‘, oder?

    • 2 | naich

      Ah, stimmt, danke 😀
      Dafür kriegst du nen Daumen :3

  2. 3 | Dragon

    Wann lernen wir Kanji? ↶⌣↷

    • 4 | naich

      Sobald ich Lust hab, was darüber zu schreiben :3
      Reine Schriftzeichen-Kapitel möcht ich aber in nächster Zeit vermeiden, denn die sind immer so trocken. Die ersten einfachen Kanji gibt’s aber schon nächste Woche 🙂

  3. 5 | Himiko

    Hey,

    oh mann, ein echt umfangreiches Kapitel ^^. Das werde ich mir wohl gründlich eintrichtern müssen ^^. Aber du hast es gut beschrieben und sehr viel Information in einem kurzen Text untergebracht ^^.
    Eine Frage hätte ich jedoch: Bis jetzt habe ich in Mangas, Serien etc. viel Kanji und Hiragana entdeckt, aber Katakana wurde kaum verwendet ( oder ich habe es übersehen). Wird diese Schrift heutzutage noch viel verwendet, weil ehrlich gesagt, kommt die mir ganz schön überflüssig vor, weil sie ja die gleichen Bedeutungen wie die Hiragana Schrift hat.

    Liebe Grüße
    Himiko

    • 6 | midimax

      Steht in Kapitel 1:
      Katakana = Heute werden damit alle Wörter geschrieben, die aus fremden Ländern kommen, inklusive ausländischer Namen…

    • 7 | naich

      Jo, das hast du auch richtig so erkannt, Katakana werden in der aktiven japanischen Schriftsprache deutlich seltener verwendet als Hiragana oder Kanji. Nun, die Japaner mögen zwar – sprachlich gesehen, wohl gemerkt – ein sehr weltoffenes Völkchen sein, aber das reicht längst nicht aus, um aktiv gesprochene rein-japanische (in Japan erfunden) bzw. sino-japanische (in China erfunden und nach Japan getragen) Wörter zu ersetzen.
      Sieh es mal als Vergleich mit unserer deutschen Sprache. Klar, wir haben ein paar Fremdwörter aus ein paar Teilen der Welt, aber abgesehen von einigen Anglizismen und Gallizismen sind der Rest eigentlich nur Ausnahmen. Japan dagegen hat seit seiner Öffnung im 19. Jahrhundert Lehnwörter aus aller Welt regelrecht aufgesaugt. Die Wörter reichen dabei von den einfachsten Dingen wie „pan“ (Brot, aus dem Portugiesischen „pão“) bis zu kompliziert aussehenden Wortmonstern wie „forukusuwaagen“ (Volkswagen). Alles, nahezu alles, was es vor 1853 noch nicht in Japan und nur im Ausland gab, wurde mit Katakana in die japanische Sprache gequetscht. Das ist zwar kein allzu großer Teil des japanischen Wortschatzes, aber dennoch ein nicht unwesentlicher, sodass man auf Katakana kaum verzichten kann.

      Überflüssig sind Katakana deswegen nicht, weil jedes der drei japanischen Schriftsysteme einer gewissen Wortart zugeordnet ist. Hiragana werden üblicherweise für Wortendungen und Partikel verwendet, Kanji für Wortstämme und Substantive, und Katakana eben für Fremdwörter, und außerdem gibt es in der japanischen Schriftsprache keine Leerzeichen. Würde man alles, was man früher in Katakana schrieb, plötzlich in Hiragana schreiben, wär es plötzlich nicht mehr eindeutig, ob man mit „kanon“ die „ka“-Partikel und dem Wort „non“ meint, oder tatsächlich das berühmte Stück von Johann Pachelbel.

      tl;dr: Ja, die Schrift wird verwendet, aber nur bei vereinzelten Wörtern und ausländischen Namen.

      Hoffe, das hat deine Frage beantwortet 🙂

      • Das ist zwar kein allzu großer Teil des japanischen Wortschatzes

        Mit Ausnahme von J-Pop. Da machen sie gefühlte 90% des Textes aus, vorzugsweise in Kombinationen, in denen sie möglichst wenig Sinn ergeben.

        Aber zum Glück haben erfahrene Fansubber dafür stets Lösungen parat:

      • 9 | Himiko

        Danke, für die ausfürliche Antwort ^^. Jetzt habe ich es verstanden ^^.

        Liebe Grüße
        Himiko

  4. 10 | Schnitzelschale

    Eine Frage hätte ich noch: Ich bin jetzt des öfteren über ヴ gestolpert. ウ bdeutet ja eigentlich „u“, was haben denn dann da die Striche (hab vergessen wie die Viecher heissen) zu suchen?

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