Der NanaOne-Japanischkurs, Kapitel 1v2

 

Japanisch für den allergrößten Volltrottel, der sich niemals fortpflanzen sollte

Kapitel 1v2 –

Yet another lehrreicher Text über japanische Schriftsysteme

Wer von euch durch unsere beliebten chinesischen Zeichentrickpornos ein bisschen auf den Geschmack gekommen ist und sich zumindest länger als zwei Minuten auf Wikipedia mit der japanischen Sprache auseinandergesetzt hat, wird wissen, dass die Japaner drei verschiedene Schriftsysteme erfunden bzw. für sich selbst okkupiert haben: Die verschnörkelten Hiragana, die kantigen Katakana (die man zusammen Kana nennt) und die von den Chinesen geklauten Kanji. Na ja, und lateinische Buchstaben. Und arabische Ziffern. E-Egal, die können wir ja hoffentlich schon alle. Am Beginn würd ich gern mal die beiden Silbensysteme vorstellen, aber ein besseres Verständnis von der Geschichte und Herkunft bekommt man wohl, wenn wir uns erst mal diese wahnsinnig komplizierten chinesischen Zeichen anschauen. Hurra.

Das Wort Kanji (漢字) bedeutet übersetzt „Zeichen der Han“. Das haben aber die Japaner nicht erfunden, weil sie die Chinesen irgendwie necken wollen. Den Namen haben die Chinesen selbst erfunden (Hànzì). Egoisten.
Ursprünglich waren Kanji eine Sammlung von Piktogrammen, Ideogrammen etc., von denen etwa Mitte bis Ende des 6. Jahrhunderts zehntausende aus China übernommen wurden. Heute gibt es… immer noch zehntausende von ihnen, aber die japanische Regierung hat sich 1946 gedacht: „So viele Zeichen braucht doch keine Sau, wir schreiben einfach ein paar Zeichen hin und tun so, als würde es den Rest gar nicht geben.“ Im Endeffekt wurden aus den „paar Zeichen“ immerhin 1.850, die allerdings zweimal im Jahre 1981 und 2010 reformiert und auf 2.136 Kanji erhöht wurden und man heute Jōyō-Kanji nennt. An diese Kanji halten sich die Medien und sie sind die Standard-Kanji, die jeder Japaner können muss. Was dummerweise nicht heißt, dass keine anderen Kanji mehr im Umlauf sind, weil Japaner verdammte Masochisten sind!

„Diese chinesischen Zeichen! Da hat ein Kumpel mal erzählt, dass jedes Zeichen ein Wort bedeutet! Das ist ja voll kompliziert!“
Nun, das ist nur die halbe Wahrheit. Nein, Moment, das ist vielleicht höchstens ein Viertel der Wahrheit. Gib bei der nächsten Gelegenheit deinem Kumpel einen kräftigen Tritt.

Erst mal sollte man wissen, dass es zwei Arten von Lesungen gibt. Das ist so, weil die Japaner vor der Einführung der Kanji zwar keine anständige Schrift hatten, sehr wohl aber eine gesprochene Sprache! Da gab es dann also Kanji, von denen man zwar in China wusste, wie man sie auf Chinesisch auszusprechen hat, aber das war dann den stolzen Japanern zu blöd und sie haben ihre eigene Aussprache mitsamt Bedeutung einfach auf dieses Kanji raufgeklatscht. Andererseits gab es aber auch Kanji, die auf Chinesisch ganz cool klangen und dessen Aussprache man für das in Japan benutzte Kanji übernommen hat. Nun, streng genommen ist auch das nicht die ganze Wahrheit, weil es auch Kanji gibt, die man in China noch nie gesehen hat, weil die Japaner anfingen, ihrem großen Vorbild nachzueifern, und selbst komplizierte Zeichen für ihre eigenen komischen Wörter erfunden haben (kokuji), aber wir wollen hier ja keine Sprachgeschichtswissenschaftler werden.

Die moderne japanische Sprache ist also so eine Art Mischmasch aus japanischen und völlig verdrehten chinesischen Wörtern, die halt irgendwie japanisch klingen sollen. Meistens war es aber so, dass sich die Japaner nicht entscheiden konnten und sowohl die chinesische Lesung beibehielten als auch ihre eigene Lesung draufklebten. Und weil die Japaner Ausländer anscheinend wirklich hassen und uns beim Kanji-Lernen leiden lassen wollen, gibt es meistens für dasselbe Kanji mehrere chinesische und mehrere japanische Lesungen. Wie man ein Zeichen dann in der Praxis tatsächlich lesen sollte, ist individuell für jedes Wort anders.

Wenn man von chinesischer („sino-japanischer“) Lesung spricht, sagt man meistens on-Lesung oder on’yomi. Die japanische („reinjapanische“) Lesung heißt im Fachbegriff kun-Lesung oder kun’yomi. Steht ein Kanji direkt neben einem zweiten Kanji, wird es meistens on gelesen, ansonsten kun. Das ist aber nur eine sehr schwammige Regel, denn wie bereits erwähnt muss man in vielen Fällen einfach auswendig lernen, wann man ein Kanji wie ausspricht. Juhu.

Hier hört der Spaß aber noch nicht auf. Was nutzt es uns, zu wissen, wie man ein Kanji ausspricht, ohne zu verstehen, was es überhaupt bedeutet?

Fakt ist: Jedes Kanji hat mindestens eine Bedeutung. Die hängt davon ab, mit welchem anderen Zeichen (das muss kein Kanji sein) dieses Kanji in Verbindung steht. Stehen zum Beispiel die beiden Kanji „Pause“ (, kun’yomi: yasumi) und Tag“ (, kun’yomi: hi) alleine, heißen sie wirklich nur Pause und Tag. Setzt man sie hingegen zusammen, heißen sie nicht etwa „Pausentag“, sondern bilden das Wort „Ferien“ (休日, kyūjitsu). (Bemerkt? Beide Kanji werden zusammengesetzt nun nicht mehr kun, sondern on gelesen.)

Ich fasse zusammen: Um Kanji zu können, muss man verdammt viel Zeug auswendig lernen! Vor allem, weil jedes dritte Kanji irgendwie immer dieselben on’yomi besitzt, was das Lernen echt nicht lustig macht! :<

Kanji-Recherchemöglichkeiten gibt es

  1. bei Denshi Jisho
  2. beim Japanisch-Deutschen Kanji-Lexikon
  3. bei Wadoku
  4. mit dem ausgezeichneten Firefox-Addon Rikaichan bzw. Chrome-Addon Rikaikun
  5. oder wahlweise auch bei J-Talk oder sogar beim Google Translator, wenn man nur die Lesung wissen möchte.

So, jetzt hatten die Japaner den Salat. Die Gelehrten haben alle mit Kanji geschrieben, aber dem dummen Fußvolk war das alles zu kompliziert. Kann hier glaub ich jeder nachvollziehen. Dann hat man sich gedacht: „Hey, diese zehn Kanji da werden auf Chinesisch alle ‚ko‘ ausgesprochen. Wie wär’s, wenn wir so tun, als würde es neun davon gar nicht geben? Das zehnte verwenden wir dann so quasi als ‚Buchstaben‘ für alles, was wir ‚ko‘ aussprechen würden! Und wenn wir schon dabei sind, könnten wir das gleich für alle anderen Silben auch machen!“

Und so wurde das erste japanische Silbensystem geboren: Die Man’yōgana. Ist das heute noch wichtig? Nein. Es interessiert uns aber, weil diese Zeichen nach und nach immer stärker vereinfacht wurden (vermutlich durch Schreibfaulheit) und daraus schließlich die heutigen Hiragana entstanden sind. (Übrigens: Die Japaner waren nicht immer einverstanden mit bestimmten Kanji, die für eine Silbe verwendet werden sollten. Meistens wurden hunderte Kanji für ein und dieselbe Silbe verwendet, weil die Japaner wahnsinnig waren. Das ging so weit, dass sich neben den Hiragana gewisse „Standards“ von Man’yōgana, die sogenannten Hentaigana, herausgebildet haben, die sich als Alternative zu den Hiragana durchgesetzt haben. Eine Schriftreform im Jahre 1900 hat die Hentaigana aber abgeschafft. Ja, das habe ich jetzt nur erwähnt, um „Hentai“ schreiben zu können. Gnihihi.) Heutzutage verwendet man Hiragana hauptsächlich für Wörter, die nicht mit Kanji dargestellt werden können. Zudem wird auch alles, was irgendwie mit Grammatik zu tun hat, in Hiragana geschrieben. Hin und wieder sieht man auch japanische Vornamen in dieser Schrift.

Das ist eine sogenannte 50-Laute-Tafel zum trockenen Auswendiglernen der Zeichen. Früher haben Kinder die Kana mit einem Gedicht, dem Iroha (vielleicht bekannt durch einen Animetitel, den wir gesubbt haben), gelernt, aber da es früher auch Zeichen für „wi“ und „we“, die im Iroha vorkamen, ist das nicht mehr wirklich sinnvoll. Und noch früher, während Man’yōgana voll im Trend lagen, gab es möglicherweise sogar Zeichen für „ye“ und acht Vokale anstatt der fünf, die hier stehen!

Dummerweise fanden die gelehrten Klugscheißer, die am liebsten alles in Kanji hatten, und die männlichen Bad Boyz, denen eine so weiche, verschnörkelte Schrift viel zu feminin war, diese Hiragana gar nicht cool. Die Männer wollten aber auch unbedingt ihre eigene Silbenschrift! Darum haben sie sich ein paar gängige Man’yōgana angesehen, große Teile davon einfach abgeschnitten (kein Scherz) und aus den Überresten ihre eigene Schrift erfunden: Die Katakana.

Heute werden damit alle Wörter geschrieben, die aus fremden Ländern kommen, inklusive ausländischer Namen. Sehr oft stammt das „Grundwort“ aus dem Englischen, hin und wieder auch aus dem Niederländischen oder Portugiesischen (wegen des guten Kontakts zu diesen Ländern lange vor der erzwungenen Öffnung Japans in der Meiji-Restauration). Das sind aber natürlich nicht die einzigen Sprachen, die Japan in den letzten 150 Jahren aufgesaugt hat. Die lustigen Wörtchen boifurendo („boyfriend“, Freund in einer Liebesbeziehung) oder konpyūtā (Computer) werden in Katakana geschrieben, ebenso wie gerende (Gelände), dōberuman (Dobermann) und herupesu (Herpes). Die meisten deutschen Wörter sind medizinische Begriffe, da kurz nach der Zeit von Käpt’n Perry und der Öffnung Japans viele neugierige deutschsprachige Ärzte nach Japan strömten und so die Sprache prägten.

Genauso wie ein Hiragana-Zeichen bedeutet auch ein Katakana-Zeichen alleinstehend rein gar nichts. Es sind halt alles Silben. Ein einzelner lateinischer Buchstabe hat schließlich auch keine Bedeutung.

7.12.2014: Kompakter erklärt, Sachverhalte richtiggestellt… Ich hab fast den kompletten Text umgeschrieben, okay? :V

Autor:
Datum: 07.12.2014
Kategorien: Blog, NanaOne-Japanischkurs

  1. 1 | immu

    Dann will ich mal kommentieren! =)

    aber die japanische Regierung hat sich 1946 gedacht: „So viele Zeichen braucht doch keine Sau, wir schreiben einfach ein paar Zeichen hin und tun so, als würde es den Rest gar nicht geben.“ Im Endeffekt wurden aus den „paar Zeichen“ immerhin 1.850, die allerdings im Jahre 1981 reformiert und auf 2.136 Kanji erhöht wurden und man heute Jōyō-Kanji nennt.

    1981 wurde die Liste auf 1.945 erhöht. Die Erweiterung auf 2.136 fand erst 2010 statt.

    […] Und so wurde das erste japanische Silbensystem geboren: Die Man’yōgana.

    Nitpick: Es es ganz und gar nicht so, wie du schreibst, dass es im Man’yougana nur ein Zeichen pro Silbe gab. Im Gegenteil. Man’yougana ist so in etwa das Sadistischste, das sich japanische Gelehrte je ausgedacht haben (vllt. mit Ausnahme von Hakubun…). Da kannst du erstmal knapp 1.000 Zeichen lernen, um sie dann als „Silbenschrift“ zu verwenden… Dat Logic.

    Früher haben Kinder die Kana mit einem Gedicht, dem Iroha (vielleicht bekannt durch einen Animetitel, den wir gesubbt haben), gelernt, aber da es früher auch Zeichen für „wi“ und „we“ und sogar „ye“ gab, die im Iroha vorkamen, ist das nicht mehr wirklich sinnvoll.

    Nitpick 2: Im Iroha kommt kein „ye“ vor. Genau diese Tatsache ist der größte Hinweis dafür, dass das Gedicht aus der Heian-Zeit stammt, in der es im japanischen Lautsystem schon kein „ye“ mehr gab.

    • 2 | naich

      1981 wurde die Liste auf 1.945 erhöht. Die Erweiterung auf 2.136 fand erst 2010 statt.

      Ups, war unglücklich formuliert D:

      Nitpick: Es es ganz und gar nicht so, wie du schreibst, dass es im Man’yougana nur ein Zeichen pro Silbe gab. Im Gegenteil. Man’yougana ist so in etwa das Sadistischste, das sich japanische Gelehrte je ausgedacht haben (vllt. mit Ausnahme von Hakubun…). Da kannst du erstmal knapp 1.000 Zeichen lernen, um sie dann als “Silbenschrift” zu verwenden… Dat Logic.

      Hab doch extra später die Hentaigana erwähnt, damit solche Missverständnisse nicht auftreten :o

      Nitpick 2: Im Iroha kommt kein “ye” vor. Genau diese Tatsache ist der größte Hinweis dafür, dass das Gedicht aus der Heian-Zeit stammt, in der es im japanischen Lautsystem schon kein “ye” mehr gab.

      I-Ich weiß nicht, was du hast, steht doch perfekt da. *pfeif*

      • 3 | immu

        Hab doch extra später die Hentaigana erwähnt, damit solche Missverständnisse nicht auftreten :o

        Ja, aber das lässt es so klingen, als gäbe es die Mehrfachbelegung eben erst seit den Hentaigana, nicht schon seit den Man’yougana.

        (Btw.: Die unterschiedlichen Hentaigana haben selten etwas mit „Region“ zu tun. Hentaigana sind einfach nur alternative Hiragana, die ursprünglich gleichberechtigt waren. Das „übliche Schema“ gibt es auch erst seit der Schriftreform von 1900).

  2. 5 | migx

    So mal aus Neugierde: Wie sehen bzw. klingen die drei weiteren Vokale, die nicht mehr in Gebrauch sind?

    Und kannst du evt. irgendeine Seite empfehlen, auf der man sich so ’nen Art „Grundwortschatz“ mit den gängisten Kanjis aneignen kann. Sagt mir nicht, dass alle 2136 Kanjis in selber Häufigkeit benutzt werden; man sagt, dass selbst bei einer durchschnittlichen, chinesischen Zeitung ca. 500 Schriftzeichen ausreichen!

    • 6 | migx

      Hinter einen direkten Fragesatz, kommt natürlich ein Fragezeichen.

    • 7 | naich

      So mal aus Neugierde: Wie sehen bzw. klingen die drei weiteren Vokale, die nicht mehr in Gebrauch sind?

      Ich bin ganz ehrlich, ich habe nicht viel Ahnung von IPA-Zeichen und kann die Laute daher nicht in Zeichenform beschreiben, aber es gab sozusagen „Varianten“ von i, e und o. Das alte i war etwas gestreckter (wie ein „ie“ im Deutschen) als das heutige (das eher nach einem i von zB „Mitte“ klingt), das e ebenso, wie das deutsche „Meer“ (das e, das wir im modernen Japanischen kennen, geht ja eher in Richtung „ä“). Das o macht dieses Spielchen auch mit; früher gab es einen Vokal, der dem o vom deutschen „Mond“ entsprach, während heute nur noch das o vom deutschen „Otter“ existiert.
      Das sind aber alles nur Hypothesen. Die meisten gehen zwar davon aus, dass es diese drei zusätzlichen Vokale gegeben hat, aber es könnte durchaus sein, dass auch früher nur die fünf, die wir eh schon kennen, im Umlauf waren.

      Und kannst du evt. irgendeine Seite empfehlen, auf der man sich so ‘nen Art “Grundwortschatz” mit den gängisten Kanjis aneignen kann.

      Hm, am klügsten wär es vielleicht, wenn du dir die JLPT-Kanji von unten nach oben oder die Jōyō-Kanji nach Schulklasse gereiht ansiehst. Befindet sich alles hier:
      http://tangorin.com/common_kanji

      • 8 | migx

        Thx, sieht gut aus.

        Gleich mal die erste Frage zu „Jōyō Kanji Grade 1“:
        Kann man die Zahl 六 ernsthaft in sechs verschiedenen Arten aussprechen?

        Und spricht man das hier むっつ „mutsutsu“ aus?

        • 9 | naich

          Ja, mir fielen zumindest keine weiteren ein.
          ロク ist die übliche sino-japanische Aussprache.
          むっつ und むつ brauchst du für eine Stückanzahl. Welches von beiden du verwendest, kannst du dir aussuchen.
          むい brauchst du unter anderem für den sechsten Tag eines Monats oder der Zeitdauer von sechs Tagen.
          リク und む brauchst du für diverse andere Kanji-Kombinationen (und Namen), aber da will mir grad kein Beispiel einfallen.
          Dann gibt es natürlich auch noch Lautverschiebungen. 六分 ist zB nicht „rokufun“, sondern „roppun“.
          Willkommen im japanischen Zahlen- und Zeichensystem ヽ( ゚ヮ・)ノ

          Und nein, むっつ spricht man „muttsu“ aus.

        • 10 | immu

          Wenn du je Mahjong spielen solltest, wird dir auch noch die Variante ロー begegnen. 😀

          • 11 | migx

            Omg, mal sehen wie lange es dauert, bis die Motivation verfällt…

            Ohja Mahjong, davon gibts ja auch wieder tausende Varianten, jedes Land spielt ja ihre eigene.

  3. 12 | Schnitzelschale

    Wie wird eigentlich das „ch“, wie es zb. bei „Krach“ ausgesprochen wird, in Katakana transkribiert? Reicht ein ク?

    • 13 | naich

      Da es keine Regeln für eine Latein-Kana-Umschrift gibt: Ja, ク reicht. Sehe es aber auch oft mit einem H transkribiert, zB bei München -> ミュンヘン.

      • 14 | nano

        Grundsätzlich: Das „ch“ in „München“ wird aber anders ausgesprochen wie das in „Krach“ 😉 Muss also nicht zwingend gleich transkribiert werden.

        Bei den Japanern hängt das allerdings glaub ich eher vom Wort ab, als vom Laut. Im Falle von „Bach“, wo das „ch“ ja dasselbe ist, wie in „Krach“, wird es als バッハ transkribiert. Weitere Beispiele fallen mir grad nicht ein.

  4. 15 | Drekelmann

    die allerdings zweimal im Jahre 1981 und 2010 reformiert

    Gab es nicht noch eine weitere Reform 2012?

    Nun, das ist nur die halbe Wahrheit. Nein, Moment, das ist vielleicht höchstens ein Viertel der Wahrheit.

    Was genau meinst du mit der „halben“ Wahrheit? An sich steht doch mehr oder weniger jedes Kanji für ein Wort, nur eben nicht unbedingt für ein Wort, und es gibt Wörter, die aus mehreren Kanji zusammengesetzt sind. Oder habe ich was falsch verstanden?

    weil die Japaner anfingen, ihrem großen Vorbild nachzueifern und selbst komplizierte Zeichen für ihre eigenen komischen Wörter erfunden haben (kokuji)

    Das mag ein wenig pingelig klingen, aber beim Lesen des Satzes bin ich kurz gestolpert. Da wird ein erweiterter Infinitiv („nachzueifern“) mit einem normalen Perfekt („erfunden haben“) vermixt. Ich hätte entweder „anfingen, ihrem großen Vorbild nachzueifern, und …“ oder „… nachzueifern und selbst … zu erfinden“ geschrieben…

    die halt irgendwie Japanisch klingen sollen.

    Und ganz streng genommen „japanisch“, weil da ein Adverb stehen muss.

    Vor allem, weil jedes dritte Kanji irgendwie immer dieselben on’yomi besitzt, was das Lernen echt nicht lustig macht!

    Also, gerade das habe ich bisher eigentlich immer als recht nützlich empfunden: Dann muss man sich nicht so viele Lesungen merken. Nur umgekehrt ist’s natürlich blöd, wenn man 産業 und 三業 nicht auseinanderhalten kann…

    sogar beim Google Translator, wenn man nur die Lesung wissen möchte

    Bei dem ist interessant, dass offenbar für Transkription, Aussprache und Übersetzung drei unterschiedliche Algorithmen verwendet wurden. Ich hatte mal Beispiele (die mir vielleicht auch noch wieder einfallen), bei denen in der unter dem Eingabefeld anzeigten Umschrift Lesung A stand, die Sprachausgabe das Kanji aber B ausgesprochen und der Übersetzer als (deutsche) Übersetzung den japanischen (oder chinesischen) Eigennamen C ausgegeben hat. Teilweise existierten zwei dieser drei Lesungen nicht.

    Das ist eine sogenannte 50-Laute-Tafel zum trockenen Auswendiglernen der Zeichen.

    Wobei jetzt einige Leser verwirrt sein dürften, weil die Tafel nur 46 Laute beinhaltet…

    aber da es früher auch Zeichen für „wi“ und „we“

    gab

    Das sind aber alles nur Hypothesen. Die meisten gehen zwar davon aus, dass es diese drei zusätzlichen Vokale gegeben hat, aber es könnte durchaus sein, dass auch früher nur die fünf, die wir eh schon kennen, im Umlauf waren.

    Hypothesen über Aussprachen zu Zeiten, als es noch keine Audioaufzeichnungen gab, sind reine Spekulation.

    Aber davon abgesehen: Habe ich bisher immer die falschen Japaner reden gehört? Das „o“ kann doch durchaus (so ähnlich) wie in „Boot“ klingen und das „i“ hört sich für mich meistens geschlossener an als in „Mitte“…

    Weitere Beispiele fallen mir grad nicht ein.

    Ich hätte noch Robert コッホ im Angebot…

    • 16 | naich

      Gab es nicht noch eine weitere Reform 2012?

      Nicht, dass ich wüsste. Eine kurze Google-Suche war auch nicht wirklich hilfreich.

      Was genau meinst du mit der “halben” Wahrheit? An sich steht doch mehr oder weniger jedes Kanji für ein Wort, nur eben nicht unbedingt für ein Wort, und es gibt Wörter, die aus mehreren Kanji zusammengesetzt sind. Oder habe ich was falsch verstanden?

      Nein, genau das meine ich mit „halbe Wahrheit“. Wenn mir meine Kumpels damals erklärt haben, dass die Japaner voll verrückte Leute sind, die für jedes Wort ein Zeichen haben, dann hätte ich wohl nicht angenommen, dass eines dieser Zeichen durchaus auch mehrere Bedeutungen haben können.

      Das mag ein wenig pingelig klingen, aber beim Lesen des Satzes bin ich kurz gestolpert. Da wird ein erweiterter Infinitiv (“nachzueifern”) mit einem normalen Perfekt (“erfunden haben”) vermixt. Ich hätte entweder “anfingen, ihrem großen Vorbild nachzueifern, und …” oder “… nachzueifern und selbst … zu erfinden” geschrieben…

      Ich glaube, seit ich versuche, meine eigenen Richtlinien für die Kommasetzung festzulegen, vergesse ich öfter, dass beim Abschluss einer Infinitivgruppe sehr wohl ein Komma vonnöten ist.^^“

      Also, gerade das habe ich bisher eigentlich immer als recht nützlich empfunden: Dann muss man sich nicht so viele Lesungen merken. Nur umgekehrt ist’s natürlich blöd, wenn man 産業 und 三業 nicht auseinanderhalten kann…

      Hm, also kun’yomi lassen sich nun mal leichter auseinanderhalten, wie ich finde. „Hiro(i)“ passt nun mal zu 広(い), „kou“ passt dafür neben 広 zu 高 und 公 und 交 etc.

      Bei dem ist interessant, dass offenbar für Transkription, Aussprache und Übersetzung drei unterschiedliche Algorithmen verwendet wurden.

      Es ist für einen Programmierer schon schwierig genug, sich so ähnliche Sprachen wie Deutsch und Englisch maschinell übersetzen zu lassen. Ist klar, dass bei einer schriftsprachlich so komplexen Sprache wie Japanisch, die noch dazu extrem kontextabhängig ist, ein Computer noch viele, viele Jahrzehnte brauchen wird, um auf das Niveau zu kommen, das einem menschlichen biologischen Sprachzentrum auch nur ansatzweise nahe zu kommen. Vorher haben wir Hoverboards und sich selbst bindende Turnschuhe.

      Wobei jetzt einige Leser verwirrt sein dürften, weil die Tafel nur 46 Laute beinhaltet…

      Ist ja nicht so, als hätte sie früher mal 50 eingefüllte Kästchen gehabt. Aber 10 mal 5 ergeben nun mal 50. 😀

      Das “o” kann doch durchaus (so ähnlich) wie in “Boot” klingen

      Kenn ich eigentlich nur mit einem verlängerten O. Für dieses O muss ich die Lippen zu einem „O“ formen, für das japanische O reicht es eigentlich, sich dieser O-Stellung nur anzunähern.

      und das “i” hört sich für mich meistens geschlossener an als in “Mitte”…

      Noch geschlossener als „Mitte“? Wir reden hier nicht von einer „Wohnungsgebühr“. 😀

      • 17 | Drekelmann

        Nicht, dass ich wüsste. Eine kurze Google-Suche war auch nicht wirklich hilfreich.

        Äh, nein, ich glaube, ich bin einem Schreibfehler im Wadoku-Forum aufgesessen. Da stand irgendwo, dass die Wörterbucheinträge auf den Jouyou-Standard von 2012 umgestellt werden sollten. Wahrscheinlich hat sich jemand vertippt und meinte 2010.

        dass beim Abschluss einer Infinitivgruppe sehr wohl ein Komma vonnöten ist

        Aber nur, wenn auch am Anfang eines gesetzt wurde… 😉

        Hm, also kun’yomi lassen sich nun mal leichter auseinanderhalten

        Keine Frage, aber das meinte ich gar nicht. Es hängt natürlich davon ab, „wie herum“ man sich die Lesungen merken will. Wenn man 生 sieht und aussprechen soll, ist das leichter, wenn man weiß, dass irgendwie die meisten Kanji, die so ähnlich aussehen, セイ ausgesprochen werden. (Ob man 生 alleinstehend tatsächlich so ausspricht, ist dabei zunächst irrelevant. Ich weiß es nicht.) Wenn man umgekehrt にちじょうせいかつ in Kanji schreiben soll, ist es natürlich unpraktisch, dass sowohl 生 als auch 性 beide セイ gelesen werden können.

        Es ist für einen Programmierer schon schwierig genug, sich so ähnliche Sprachen wie Deutsch und Englisch maschinell übersetzen zu lassen.

        Ich weiß, wie schwierig maschinelle Übersetzungen sind. Das scheitert schon an der Frage, „was“ man eigentlich übersetzt. (Bzw. daran, was eine gute Übersetzung ausmacht. Derzeitige Bewertungssysteme vergleichen die Wort-zu-Wort-Übereinstimmung aufeinanderfolgender Worttripel. Jeder weiß, dass das Schwachsinn ist. Nur leider hat man nichts Besseres.)

        Meine Kritik an Google ist ja auch nicht, dass der Google-Übersetzer ungefähr so gut funktioniert wie eine etwas bessere Lotterie (er ist ja auch eine, die arbeiten mit riesigen Datenbanken von Wahrscheinlichkeiten), sondern dass offenbar drei unterschiedliche Algorithmen implementiert wurden, um dieselbe Aufgabe auszuführen: Man sollte meinen, dass das Transkribieren der eingegebenen Kanji, das Ermitteln der Aussprache und das Transkribieren eines Eigennamens in der Übersetzung (zumindest für Japanisch) dieselbe Aufgabe darstellt.

        Vorher haben wir Hoverboards und sich selbst bindende Turnschuhe.

        Zumindest im ersten Punkt hast du vermutlich Recht:

        http://www.n24.de/n24/Nachrichten/Netzwelt/d/5588070/us-firma-sammelt-geld-fuer-erstes–echtes-hoverboard-.html

        http://www.n-tv.de/technik/Erstes-echtes-Hoverboard-schwebt-article13820556.html

        http://www.ingenieur.de/Panorama/Am-Rande/US-Ingenieure-entwickeln-schwebendes-Hoverboard

        Und auch im zweiten vermutlich, denn schon vor vierzig Jahren dachte man, bald (20年後) maschinelle Übersetzungen hinzukriegen…

        Aber 10 mal 5 ergeben nun mal 50.

        Aber die Tabelle hat doch elf Spalten…

        Kenn ich eigentlich nur mit einem verlängerten O. Für dieses O muss ich die Lippen zu einem “O” formen, für das japanische O reicht es eigentlich, sich dieser O-Stellung nur anzunähern.

        Okay, über die Ähnlichkeit von Lauten kann man sich streiten, und auch die Aussprache des „o“ ist im Deutschen sicherlich nicht einheitlich, aber z.B. 忘年会 klingt für mich immer wieder sehr nach „Bohnen-Kay“…

        Noch geschlossener als “Mitte”? Wir reden hier nicht von einer “Wohnungsgebühr”.

        Was ich meinte, war, dass います eher wie „ihmasu“ und weniger wie „immasu“ klingt.

        • 18 | naich

          Wenn man 生 sieht und aussprechen soll, ist das leichter, wenn man weiß, dass irgendwie die meisten Kanji, die so ähnlich aussehen, セイ ausgesprochen werden.

          Hm, ich muss zugeben, das ist mir noch nie aufgefallen, zumindest nicht in auffällig vielen Fällen. Höchstens vielleicht „mon“ mit 門, 問 usw., aber zB 料 und 科, die sich sehr ähnlich sehen, verwechsle ich heute noch gern.

          sondern dass offenbar drei unterschiedliche Algorithmen implementiert wurden, um dieselbe Aufgabe auszuführen: Man sollte meinen, dass das Transkribieren der eingegebenen Kanji, das Ermitteln der Aussprache und das Transkribieren eines Eigennamens in der Übersetzung (zumindest für Japanisch) dieselbe Aufgabe darstellt.

          Mein Argument war eigentlich, dass sich im Fall Japanisch um die Übersetzung so viele Gedanken gemacht wurde, dass die anderen Algorithmen (die vermutlich von völlig anderen Programmierern implementiert wurden) nicht aufeinander abgestimmt wurden. Ich bin mir nicht sicher, ob da nun zu viele Köche den Brei verdorben haben oder der Fokus schlicht auf einem anderen Bereich lag oder liegt.

          http://www.n24.de/n24/Nachrichten/Netzwelt/d/5588070/us-firma-sammelt-geld-fuer-erstes–echtes-hoverboard-.html
          http://www.n-tv.de/technik/Erstes-echtes-Hoverboard-schwebt-article13820556.html
          http://www.ingenieur.de/Panorama/Am-Rande/US-Ingenieure-entwickeln-schwebendes-Hoverboard

          Ach, solche Dinge werden doch besonders im Internet alle zwei Wochen mal für die nächsten paar Jahre angekündigt. Das einzige, woran ich mich erinnern kann, das sich wirklich durchgesetzt hat, sind 3D-Drucker.

          Aber die Tabelle hat doch elf Spalten…

          N ist eh nur dazugekünstelt, das kann man getrost ignorieren :3

          aber z.B. 忘年会 klingt für mich immer wieder sehr nach “Bohnen-Kay

          Was ich meinte, war, dass います eher wie “ihmasu” und weniger wie “immasu” klingt.

          Ich hab ja nie behauptet, dass diese Laute verschwunden sind, nur, dass sie nicht mehr als eigenständigen Vokale gelten, die unterschiedliche Worte ergeben könnten. Wie das früher funktioniert hab, kann ich dir aber nicht sagen, da bin ich zu wenig historischer Linguist.

          • 19 | immu

            Hypothesen über Aussprachen zu Zeiten, als es noch keine Audioaufzeichnungen gab, sind reine Spekulation.

            Da muss ich als Erstes gleich mal vehement widersprechen. Historisch-vergleichende Linguistik ist doch einiges mehr als „Spekulation“.

            Aber davon abgesehen: Habe ich bisher immer die falschen Japaner reden gehört? Das “o” kann doch durchaus (so ähnlich) wie in “Boot” klingen und das “i” hört sich für mich meistens geschlossener an als in “Mitte”…

            Nein, da hast du nicht die falschen Japaner gehört. Du scheinst ja doch linguistisch sehr bewandt zu sein, deswegen mal eine ganz kurze Erklärung: Es gibt durchaus mehr als 5 vokalische Phone im Japanischen. Was naich mit „fünf Vokale“ meinte sind fünf vokalische Phoneme.

            Ich hab ja nie behauptet, dass diese Laute verschwunden sind, nur, dass sie nicht mehr als eigenständigen Vokale gelten, die unterschiedliche Worte ergeben könnten.

            Sie sind mit ziemlicher Sicherheit verschwunden. Ich kenne zumindest keine Rekonstruktion, bei der die (hypothetischen) zusätzlichen Vokale von Altjapanisch gleich den heute auftretenden Allophonen der Vokale im modernen Japanisch wären.

          • 20 | naich

            Es gibt durchaus mehr als 5 vokalische Phone im Japanischen. Was naich mit “fünf Vokale” meinte sind fünf vokalische Phoneme.

            Ah, da liegt auch mein Denkfehler, da ich die beiden synonym gebraucht hab. Heißt also, dass [o] und [ɔ] beide noch in Verwendung sind, aber [ɔ] praktisch keine Eigenständigkeit mehr besitzt.

          • 21 | Drekelmann

            Mein Argument war eigentlich, dass sich im Fall Japanisch um die Übersetzung so viele Gedanken gemacht wurde, dass die anderen Algorithmen (die vermutlich von völlig anderen Programmierern implementiert wurden) nicht aufeinander abgestimmt wurden.

            Das ganz offensichtlich nicht, da kann man schwer was gegen sagen. Aber eigentlich habe ich genau dasselbe gesagt, nur dass ich es als humorvolle Kritik an Google zu formulieren versucht habe…

            Da muss ich als Erstes gleich mal vehement widersprechen. Historisch-vergleichende Linguistik ist doch einiges mehr als “Spekulation”.

            Ich bezog mich eigentlich mehr auf die manchmal glaubenskriegartig anmutenden Diskussionen darüber, wie ausgestorbene Sprachen früher einmal ausgesprochen wurden. Besonders erlebt für Latein („Heißt es Zäsar oder Käsar?“) und Altgriechisch (das konfligiert ja auch noch mit der neugriechischen Aussprache). Natürlich kann man fundierte Hypothesen* darüber aufstellen, wie die Aussprache einmal war, aber sicher wissen können wird man es wohl nie.

            * Es sind allerdings keine Hypothesen im (natur-)wissenschaftlichen Sinne, da man sie nicht nur nicht bestätigen, sondern auch nicht eindeutig widerlegen kann.

            Es gibt durchaus mehr als 5 vokalische Phone im Japanischen. Was naich mit “fünf Vokale” meinte sind fünf vokalische Phoneme.

            Hm, das ist mir neu, aber gut zu wissen.

            Heißt also, dass [o] und [ɔ] beide noch in Verwendung sind, aber [ɔ] praktisch keine Eigenständigkeit mehr besitzt.

            Die Unterscheidung Phon/Phonem sehe ich eher darin, dass die Diskriminierung verschiedener Phoneme sich auf die Unterscheidung von Lauten bezüglich ihrer Rolle (als Ausdruck eines wiederzuerkennenden „Symbols“, mir fällt leider kein besserer Ausdruck ein) bezieht, während bei Phonen die reine akustische Unterscheidbarkeit (in einem gewissen Rahmen) relevant ist.

            Beispiel im Deutschen: Ob man das „r“ rollt oder nicht (und wo), ist für die Eigenschaft, symbolisch das „r“ zu repräsentieren (die Rolle „r“), irrelevant.

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