Der NanaOne-Japanischkurs, Kapitel 47

 

Japanisch für den allergrößten Volltrottel, der sich niemals fortpflanzen sollte

Kapitel 47-

Von links nach rechts, oder?

Mal wieder Lust auf Kanji bekommen? Nicht? Ich auch nicht, aber falls man in nächster Zeit in einem Anime auf ein Kanji trifft, dessen Bedeutung man herausfinden will, aber es nicht anständig in ein Zeichenerkennungsprogramm eingeben kann, weil man die Strichreihenfolge nicht kennt und es deswegen immer völlig deformiert aussieht, dann müssten die folgenden Regeln für die Strichreihenfolge von Kanji eigentlich helfen. Achtung, das gilt nicht für alle Kanji, aber nur sehr, sehr wenige halten sich nicht an diese Vorschriften.

1) Von links nach rechts, von oben nach unten

Einzelne horizontale Striche beginnen immer links und enden rechts, einzelne vertikale Striche beginnen immer oben und enden unten. Das ist nicht schwierig, aber so ziemlich die wichtigste Regel beim Schreiben von Kanji.

2) Erst horizontal, dann vertikal

Horizontale Striche haben eine höhere Priorität als vertikale. Das bedeutet, dass der horizontale immer vor dem vertikalen Strich gezeichnet wird.

 

3) Vertikale Striche haben Vorrang gegenüber einer symmetrischen Außenseite

Besitzt ein vertikaler Strich links und rechts von ihm eine mehr oder weniger symmetrische Figur, so ist zuerst der vertikale Strich zu zeichnen und danach erst die beiden anderen Formen. Wie die Diagonalen gezeichnet werden, wird in Regel 7 erklärt.

4) Kästen werden immer in drei Strichen gezeichnet

Und zwar zuerst der linke Strich, dann in einem Zug die obere und rechte Wand, und zum Schluss der Boden der Kiste. Die beiden ersten Regeln werden auch hier immer beachtet. (Ausnahme: Der vertikale Strich der linken Wand beginnt diesmal zuerst.) Aber Achtung, so eine Box muss nicht vollständig sein, es können auch eine oder zwei Seiten fehlen! Er gilt dann aber nur noch als Kasten, wenn die zwei oder drei übrigen Seiten miteinander verbunden sind.

5) Erst drei Seiten der Kästen, dann der Inhalt, dann die letzte Seite

Beinhaltet unsere Box ein anderes Kanji, so werden zuerst die beiden Seitenwände und das Dach gemalt (wie in Regel 3), dann der Inhalt und zum Schluss erst der Boden.

6) Der „Boden“ eines Kanji kommt immer zum Schluss

Bei einem Kanji mit einem „Boden“ wird dieser immer am Ende gezeichnet. Damit meine ich im Speziellen dieses am unteren Ende eines Zeichens, das kommt immer am Schluss.

7) Diagonalen zuerst rechts-nach-links, dann links-nach-rechts

Wenn wir diagonale Striche von oben nach unten ansehen, fällt uns auf, dass es nur zwei Arten von Diagonalen gibt: Die, die von links nach rechts zeigen, und die, die von rechts nach links zeigen. Letztere werden immer zuerst gezeichnet, erstere zum Schluss. Dabei ist es egal, ob sich die Diagonalen kreuzen. Diejenigen, die von rechts nach links gehen, kommen zuerst. Die erste Diagonal nennt man übrigens „Hauptdiagonale“, die andere „Nebendiagonale“.

8) Striche, die andere queren, kommen zum Schluss

Manchmal kommt es vor, dass wir ein Kanji haben, das viele horizontale Striche hat, aber nur einen vertikalen, der sie in der Mitte aufspießt. In diesem Fall kommen zuerst die horizontalen Striche, dann erst der einzelne vertikale.

9) Abschlussstriche am Ende

Deswegen wohl der Name…
Kleine Striche, die quasi mittendrin vorkommen, zeichnet man zum Schluss. Die Ausnahme sind die Striche, die sich ganz oben am Kanji befinden, die kommen immer zuerst.

10) Radikale als ganze Einheit betrachten

Radikale und in sich abgeschlossene Teile eines Kanji muss man so ansehen, als wären sie eigene Kanji. Dann zeichnet man sie von links nach rechts und oben nach unten. So was lässt sich in Worten etwas schwer verdeutlichen, aber das Bild müsste Klarheit schaffen.

 

Aber nicht vergessen: Ausnahmen gibt es überall! Und in der Sprache sowieso…

Na, wer kann mir jetzt aufzeichnen? Ich kann es nicht, aber diese Seite kann es.

Quelle: http://www.tofugu.com/guides/guess-kanji-stroke-order/

Autor:
Datum: 27.01.2013
Kategorien: Blog, NanaOne-Japanischkurs

  1. Das veranschaulicht ganz gut, warum das Zeichnen von Kanji in Japan seit jeher als Kunstform betrachtet wird: Weil die Regeln dafür größtenteils der intuitiven Strichführung widersprechen und daher mühsam erlernt werden müssen. Intuitiv würde man die Strichfolge der Logik unterwerfen und bspw. das erste Kanji von Beispiel 7 in der Reihenfolge 1-4-3-2 zeichnen oder das zweite Kanji von Beispiel 9 in der Reihenfolge 1-2-4-5-3.

    • 2 | Feidl

      Sehe ich nicht so, die Strichführung hat man ziemlich schnell drauf, und dann merkt man auch, dass sie logisch und simpel ist und kann sich eigentlich kaum noch vorstellen, dass es anders besser sein könnte.

  2. 4 | bluestar

    die spinnen, die japaner….
    aber danke für die unterweisung, sensei.
    das hab ich nicht gewußt. und ich muss lighto recht geben, was die kunstform kanji-schreiben betrifft. ich hab mich immer gewundert,
    warum die in den anime immer so´n wahnsinns-zauber um die paar striche gemacht haben.
    hen dayo, kono nihonjin.

  3. 5 | Drekelmann

    wird bei Regel 7 erklärt

    Ich finde, „bei“ klingt hier seltsam. „in Regel 7“ oder „von Regel 7“ wäre passender, oder?

    Welcher Schriftsatz ist ⻌? Mein Computer kann das nicht anzeigen.

    Die, die von links nach rechts zeigen und die, die von rechts nach links zeigen.

    Die, die von links nach rechts zeigen, und die, die von rechts nach links zeigen. (Nebensatz beendet, daher Komma)

    Übrigens heißt die erste Haupt-, die zweite Nebendiagonale.

    • 6 | naich

      Ich finde, “bei” klingt hier seltsam. “in Regel 7″ oder “von Regel 7″ wäre passender, oder?

      Ja, im Nachhinein betrachtet klingt „in“ tatsächlich besser, obwohl ich glaube, dass das mal wieder ein Kandidat für eine Präposition ist, die man zwar als X kennt, aber eigentlich als Y richtig wäre.

      Welcher Schriftsatz ist ⻌? Mein Computer kann das nicht anzeigen.

      UTF-16, vermute ich mal. Einige Radikale, die es nicht als eigene Kanji im Japanischen gibt, haben in UTF-8 keinen Platz mehr gefunden.

      Die, die von links nach rechts zeigen, und die, die von rechts nach links zeigen. (Nebensatz beendet, daher Komma)

      Kommata vor Konjunktionen, die Sätze aufzählen, sind optional. Nach neuer Rechtschreibung ist es sogar besser, keines zu setzen, solange ich die Gliederung nicht irgendwie verdeutlichen will.
      edit: Derp, vielleicht hätte ich mir den Satz und deine Erklärung mal anschauen sollen. Wenn ich einen Nebensatz beende, ist ein Komma natürlich korrekt, mein Fehler.

      Übrigens heißt die erste Haupt-, die zweite Nebendiagonale.

      Danke, wird ergänzt.

  4. 7 | Toto

    Jop, alles ganz logisch. Normalerweise haben Lernende die richtige Strichfolge von 99% der Kanjis drauf — natürlich gibt es auch Haufenkanji wie in naichs Post oben^^ Solche kommen aber eher seltener vor.

    Achja, es gibt auch manchmal Ausnahmen/Schummeleien.

    Ich schreibe handschriftlich das も immer in der „falschen“ Schreibweise, aber es ist bis jetzt noch keinem aufgefallen, weil ich so eine Mädchenschrift habe lol

  5. 8 | aVoX

    unteres Viertel der Skizzen: Go home, Japan, you’re drunk!

  6. 9 | Shadol

    Das 2. Beispiel aus 9 widerspricht an sich ja eigentlich Regel 2 😀
    Da ist ein vertikaler strich drin der von nem anderen gekreuzt wird.

    Regel 11.
    Ein vertikaler Strich der Oben einen horizontalen nur “berührt“ und nicht kreuzt, wird vor anderen, den vertikalen Strich kreuzenden Strichen, gezeichnet 😀

    • 10 | naich

      Herzlichen Glückwunsch, du hast eine der vielen Ausnahmen in der Strichreihenfolge der Kanji entdeckt. 😀
      Die 10 Regeln sind nur Richtlinien, aber keineswegs fixe Gesetze, an die sich alle Kanji halten. Solche Ausnahmen merkt man sich aber grundsätzlich leicht, und kaum ein Japaner schreibt alle Zeichen (auch Kana) in der „richtigen“ Reihenfolge.

      • 11 | Drekelmann

        und kaum ein Japaner schreibt alle Zeichen (auch Kana) in der “richtigen” Reihenfolge

        Apropos, wie wichtig ist eigentlich die Strichreihenfolge? Ich meine, dass die Strichrichtung beim Schreiben extremen Einfluss auf das Aussehen und die Lesbarkeit des Resultats haben kann, ist ja logisch – zumindest bei Pinseln, Filzstiften und vernünftigen Tintenfüllern. Aber die Reihenfolge? Sieht man hinterher am Zeichen wirklich, welcher von zwei Strichen zuerst gezeichnet wurde?

        UTF-16, vermute ich mal. Einige Radikale, die es nicht als eigene Kanji im Japanischen gibt, haben in UTF-8 keinen Platz mehr gefunden.

        UTF-8 ist auf bis zu sieben Bytes erweiterbar und kann bis zu zwei hoch 42 (4398046511104) Zeichen darstellen. Da ist Platz für jedes Kanji. (UTF-16 ist wie UTF-8, aber mit standardmäßig zwei Bytes.) Das bei mir nicht anzeigbare Radikal hat außerdem den Zeichencode U+2ECC, der außerhalb des Schriftsatzes für Kanji liegt. Mein Fontviewer hat da eine große Lücke, also nehme ich mal an, dass ich einfach keine Schriftart installiert habe, die dieses Radikal kennt.

        Habe mal recherchiert. Laut Unicode ist es ein „Radicals Supplement“, das U+8FB6 entspricht. Vielleicht solltest du das Zeichen ersetzen, eventuell bin ich nicht der Einzige, der es nicht angezeigt kriegt.

        • 12 | naich

          Sieht man hinterher am Zeichen wirklich, welcher von zwei Strichen zuerst gezeichnet wurde?

          Ja, aber natürlich nicht bei allen. Ich hab damals die ersten beiden Striche von か in der falschen Reihenfolge geschrieben, und es sah tatsächlich anders aus. Bei Kanji kann ich nicht von Negativbeispielen berichten, weil ich die in der richtigen Strichreihenfolge lerne, aber bei so vielen Strichen, die eine große Anzahl von Zeichen haben, gibt es sicher genug, die falsch gezeichnet auch falsch aussehen.

          @ UTF8/16:
          Hm, und so jemand wie ich nennt sich EDVler. Aber ich war wirklich der Meinung, dass UTF16 bloß ne Erweiterung von UTF8 war, also ein Zeichenset mit 16 Bit statt nur 8. Aber gut, vielleicht hab ich’s damals in der ersten Klasse ja falsch aufgefasst.

          Wird bei dir U+FA66 angezeigt? Wenn ja, würde ich lieber das nehmen.

          • 13 | Drekelmann

            Ich hab damals die ersten beiden Striche von か in der falschen Reihenfolge geschrieben, und es sah tatsächlich anders aus.

            Echt? Erstaunlich. (Gut, bei mir sieht das Zeichen immer deformiert aus, egal, in welcher Reihenfolge ich es schreibe.)

            Wird bei dir U+FA66 angezeigt?

            Nein, leider nicht. (Bzw. habe ich offenbar keinen Font, der dieses Zeichen beinhaltet.) Was ist an U+8FB6 (辶) auszusetzen? U+FA66 ist (laut Unicode) ein „CJK Compatibility Ideograph“ (wofür auch immer das gut sein soll), und damit jetzt schon das dritte Vorkommen des Radikals im Unicode-Standard… Über 60% davon bestehen angeblich aus Kanji. Ich frage mich, warum die Zeichen dann doppelt und dreifach encodiert werden.

            Hm, und so jemand wie ich nennt sich EDVler. Aber ich war wirklich der Meinung, dass UTF16 bloß ne Erweiterung von UTF8 war, also ein Zeichenset mit 16 Bit statt nur 8.

            Du wärest überrascht, wie viele EDVler und Softwaredesigner offenbar keine Ahnung von Zeichencodierung haben oder sie anscheinend notorisch ignorieren… Immer wieder schön, hättest, hören oder für zu lesen. Und ja, UTF16 ist eine Erweiterung der vormaligen 8-bit-Zeichensätze (ASCII, ISO-Weißdergeierwas usw…) auf 16-bit, aber sowohl UTF-8 als auch UTF-16 sind codierungen derselben Unicode-Codepoints, und beide sehen vor, ggf. mehr als ein bzw. zwei Bytes zu verwenden. Eure Website ist übrigens in UTF-8 codiert.

  7. 14 | Zockerfreak

    Heyho, wollte mal fragen ob demnächst wieder ein weiterer Kurs kommt oder erstmal Sendepause ist? 🙂

    • 15 | naich

      Vorige Woche musste ich ausspannen, und die beiden Wochen davor hatte ich keine Zeit wegen Schulstress. Heute kommt wieder was, sofern ich noch rechtzeitig ein Thema finde D:

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