Der NanaOne-Japanischkurs, Kapitel 23

 

Japanisch für den allergrößten Volltrottel, der sich niemals fortpflanzen sollte

Kapitel 23 –

Stop – Kanji Time!

私の名前はナイチです。

Schon gut genug Kana und Kanji gelernt, um diesen Satz (ohne irgendwo nachzuschauen) lesen zu können? Nicht? Sehr gut, denn heute werden die drei Kanji, die in diesem Satz vorkommen, schön erklärt.

Gut, grammatikalisch brauch ich da hoffentlich nicht mehr viel zu erklären, wenn ich sage, dass da in hässlicher Umschrift „Watashi no namae wa naichi desu“ steht. Mir geht es aber eher darum, dass ihr euch die Kanji mit ein paar Lernhilfen merkt.


 

私 –> watashi

Es hat schon seinen Grund, warum das Klischee eines Japaners als ein disziplinierter, gruppenorientierter Arbeiter beschrieben wird. Japan hatte es in der Vergangenheit nie sonderlich leicht. Ständig irgendwelche Naturkatastrophen, unzählige Kriege mit den Chinesen (na ja, zwei) und viele Hungersnöte zwangen die Dörfer, zusammenzuhalten und alles miteinander zu teilen, was sie hatten – zumindest ihre Nahrung. Wieso ich euch das erzähle? Weil watashi genau diese Eigenschaft verkörpert. Watashi besteht aus zwei Radikalen, und .

ist sehr einfach, da dieses Kanji ja eigentlich nur ein Bild von dem ist, was es darstellen soll (sog. Piktogramm). Und was wäre das? Ein dreibeiniger Kerl mit einem flachen Schädel? Die Abfahrt Wien-Westbahnhof aus der Vogelperspektive? Nun, eigentlich ist es eher eine Reispflanze bzw. irgendeine Getreideart halt. Irgendwas, was man anbauen kann, Hergott, ich bin kein Bauer oder Botaniker.

ist kein Angelhaken oder Spinnenbein, es soll einen Oberkörper und einen Arm darstellen, der mit dem Finger einer Hand auf sich selbst zeigt. Die Bedeutung lautet daher „Selbst“.

… oder so würde meine Erklärung dazu lauten, wenn dieses Kanji nicht eigentlich ursprünglich in China einen Pflug darstellen sollte, aber über die Jahrhunderte hat sich dennoch aus irgendeinem Grund  in Japan die Bedeutung „Besitz“ oder „Selbst“ eingebürgert. So was nennt man übrigens Lehnbedeutung.

Schlussendlich kehren wir zurück zu . Da haben wir nun eine Reispflanze und einen Kerl, der auf sich selbst zeigt. Was heißt das? (Jedenfalls bestimmt nicht „Selbstreis“.) Es heißt, dass Herr Yamada mal wieder seine Ernte zur Verfügung stellen muss und der arme Herr Kawaguchi sich seinen Anteil holt. Und da dieser Anteil wohl nun seinen einzigen Existenzbeweis darstellt, darf er sich ab nun selbst mit  (aka „Ich“) ansprechen.


 

名 –> na

Die eigentliche Bedeutung vom ersten Radikal erspare ich euch, die ist zu kompliziert (bzw. dafür bin ich selbst zu doof), dafür gehen wir gleich zur tollen Merkregel über:

bedeutet „Abend“ und ist „Mund“. Wenn es also dunkelster „Abend“ ist und ich niemanden mehr sehen kann, muss ich mich „mündlich“ mit anderen Leuten identifizieren, und zwar womit? Mit meinem Namen. heißt daher „Name“.


 

前 –> mae

Ich glaub, hier schauen wir uns die eigentlichen Bedeutungen der einzelnen Radikale auch nicht genau an, stattdessen wieder nur das wirklich Interessante.

Links unten haben wir ein … Das überhaupt nicht so aussieht wie vorhin in „mae“-Kanji. Tatsächlich wurde den Japanern das zu kompliziert zu schreiben und man hat es stark vereinfacht, wie man eben in „mae“ sehen kann. Es bedeutet „Boot“, stellt es euch aber lieber wie ein riesiges Schlachtschiff vor, das an der Küste zum japanischen Hauptland entlangsegelt.

Rechts daneben haben wir , das verglichen mit dem Radikal in „mae“ auch verändert wurde, aber man kann die Ähnlichkeit zumindest noch nachvollziehen. Es bedeutet „Schwert“, denn unser Schlachtschiff „schneidet“ ins warme Salzwasser des japanischen Meeres. Es könnte auch das Schwert des Schiffs sein, aber das wäre natürlich viel zu kompliziert zu merken.

Nun haben wir oben noch ein paar Trampel namens , und zwar wortwörtlich, denn beschreibt bildhaft zwei stehende Füße auf dem Boden. Jep, das Radikal sieht überhaupt nicht mehr originalgetreu aus, aber so hat es sich nun mal über die Jahre hinweg verändert. Was der obere waagrechte Strich im Originalradikal allerdings bedeuten soll, weiß ich auch nicht. Vermutlich hat das Kanji einen Pfeil ins Knie bekommen. (Bitte schlagt mich, ich hab soeben jenen Witz gerissen…)

Was nun schließlich bedeutet, hat der stolze Seemann auf der rechten Seite eigentlich schon erwähnt. Es bedeutet „Matrose“… Unsinn, es bedeutet „vorwärts“, „nach vorne“ oder „vorher“. Möchte man eben gegen fiesen Zombiepiraten in den Krieg ziehen, sollte man sich „vorher“ mit einem gut gebauten Schlachtschiff und einer Mannschaft ausstatten, um danach zum Schlachtfeld „fortschreiten“ zu können.


 

名前 wäre demnach also „Name-vorher“. Ohgottwaskönntedasnurbedeutenichbinsoverwirrt!!!111

Protipp: Vorname.

… wäre jetzt zumindest die logische Zusammensetzung, aber in Japan wird damit der ganze Name bezeichnet. Warum das so ist, wissen wahrscheinlich nur die Mondnazis.

Autor:
Datum: 17.06.2012
Kategorien: Blog, NanaOne-Japanischkurs

  1. 1 | midimax

    Hm…, keine Ahnung warum mein dummes rotes Buch zur Bedeutung des „Spinnenbein-Angelhakens“ Ellenbogen schreibt passt ja weder zu Pflug noch zu Besitz oder Selbst. Da meine I-net Recherche eher „Selbst“ bestätigt, muss ich jenes Buch wohl als fehlerhaft entsorgen.

    • 2 | naich

      Wie das Piktogramm wirklich interpretiert wird, ist ohnehin nirgends eindeutig. Manche Internetquellen verraten mir auch, dass 厶 ursprünglich einen seidenen Faden darstellen sollte, aber die „Ellbogen“-Variante fand ich viel leichter zu merken – und zu zeichnen. Dass „Pflug“ nicht drinsteht, ist also nicht unbedingt verwunderlich. Seltsam find ich aber, dass „Selbst“ nicht drinsteht, denn das ist eigentlich die moderne Bedeutung, auch wenn dieses Radikal alleinstehend im heutigen Japan nirgendwo angewandt wird. Als Teil von 私 finde ich dieses Radikal nämlich nicht unwichtig.

  2. 3 | Drekelmann

    Bis auf 前 kannte ich alle Zeichen in diesem Satz. Macht aber nichts – die Erklärung war trotzdem wieder gut. Wie immer.

  3. 4 | DigiFox

    Ist aber sehr hilfreich sich mit Merksätzen und dementsprechenden Bildern Kanji einzuprägen.
    Die Bedeutungen der Radikale und die daraus entstehenden Kanji geben meist eh nicht so viel sinn.

    Auch wenn man sich Kanji eingeprägt hat, wie 前 und man die entsprechenden Radikale kennt, ist das erweitern im Kopf zu 揃う ganz leicht.

    Das hier würde ich gern öfter sehen : )

  4. 5 | Drekelmann

    Ach ja, und wieso heißt „Vorname“ auf Japanisch wörtlich übersetzt „Name-vorher“, wo er doch hinten an den Nachnamen angehängt wird?

    • 6 | Aru

      Hm namae (名前) bezeichnet mehr den ganzen Namen, entspricht also dem deutschen Namen. Es gibt noch dazu shita no namae (下の名前) -> Vorname und ue no namae (上の名前) -> Familienname. shita (下) bezeichnet übrigens den „tiefer stehenden, nachstehenden Teil laut http://lingweb.eva.mpg.de/kanji/. Und ue halt den höheren.^^ Warum da jetzt das Kanji für vor steht, weiß ich auch nicht. :/ Vielleicht kanns ja jemand erklären.. Natürlich gibts auch noch die tollen Anglizismen für „first name“ (fâsuto nêmu) und „family name“ (famirî nêmu). 😀

      • 7 | naich

        Hab’s ergänzt. Das klingt jetzt wahrscheinlich nach einer billigen Ausrede, aber aus irgendeinem Grund wurde der letzte Absatz meines ursprünglichen Textes nicht in das doofe WordPress-Editorfeld eingefügt. Jetzt ist er jedenfalls drin.

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