Der NanaOne-Japanischkurs, Kapitel 31

 

Japanisch für den allergrößten Volltrottel, der sich niemals fortpflanzen sollte

Kapitel 30-

Transi-Wer?

 

Super, ich schreibe heute über ein Kapitel, das ich offensichtlich selbst noch nicht gut beherrsche. Aber wer weiß, vielleicht lern ich’s ja doch noch irgendwie, sobald ich mit dem Schreiben hier fertig bin. Zumindest wird’s heute ein kurzer Text, da es nicht allzu viel zu erklären gibt.

 

Übungsaufgabe! Füge die richtige Partikel in die Lücke ein:

  • 私___ドイツ人です。 (は oder を)

Okay, das war einfach. Nächste Aufgabe:

  • これ___難しくない。 (は oder を)

Auch nicht schwierig. Aber wie sieht’s damit aus:

  • 私は英語___分からない。 (が oder を)

Jetzt wird’s knifflig. Eigo ist eigentlich ein Objekt in diesem Satz… oder doch nicht? Wieso ga? Ist eigo das Subjekt? Aber das ist doch watashi schon, oder? Was ist hier los?! WAS BILDET SICH DIESE JAPANISCHE SPRACHE ÜBERHAUPT EIN, MICH SO ZU VERWIRREN?!?!

 

Keine Sorge, es ist ganz einfach. Wie bei so vielen Dingen im Leben und der Sprache hat auch hier das Verb das größte Mitspracherecht. Neben Zeitform, Potentialform und sonstigen mit -form beendeten Eigenschaften besitzt es im Japanischen (und auch im Deutschen!) etwas, das sich Transitivität nennt. Dieses hochkompliziert klingende Wort sagt aus, ob das jeweilige Verb ein Objekt im Akkusativ besitzen darf oder nicht. (Vorsicht, darf, nicht muss!)

Zur Vereinfachung schauen wir uns das mal im Deutschen an. Ja, auch die deutsche Sprache ist mit dieser Verbeigenschaft verflucht, bloß bemerken wir diesen Umstand gar nicht, weil wir ihn aus der gesprochenen Sprache gewohnt sind.

Transitive Verben dürfen ein Objekt im vierten Fall besitzen. Sie benötigen nicht zwingend eines, aber sie dürfen eines haben.

Beispiele:

  • sehen; „Ich sehe den Ball.“
  • essen; „Du isst das Obst.“

Intransitive Verben dürfen KEIN Objekt im vierten Fall besitzen. Gebt den folgenden Sätzen einfach mal ein Objekt und hört selbst, wie unsinnig das klingt.

Beispiele:

  • gehen; „Er geht.“
  • schlafen; „Der Mann schläft.“

Und schon ist der hochinteressante Deutsch-Exkurs wieder vorbei. Machen wir mit dem langweiligen Japanischunterricht weiter.

Im Japanischen funktioniert die Verbtransitivität genauso wie im Deutschen, mit dem Unterschied, dass man Akkusativ und Nicht-Akkusativ mit einem und einem markiert, anstatt dem Nomen selbst einen Kasus zu geben. Das wirklich Fiese bei der japanischen Verbtransitivität ist allerdings, dass dessen Verben nicht immer zu 100% dem deutschen Äquivalent entsprechen. Soll heißen: „verstehen“ ist zwar ein transitives Verb im Deutschen („Ich verstehe dich.“), aber im Japanischen ist 分かる intransitiv! Das bedeutet, dass der obige Beispielsatz zwar mit „Ich verstehe Englisch nicht“ übersetzt werden kann, aber im Japanischen dennoch ein benötigt. Fol komblitsihrt!

Weitere Beispiele für transitive Verben im Japanischen:

  • 起こす; 「貴方起こす。」 („Ich wecke dich auf.“)
  • 見る; 「化物見ます。」 („Ich sehe den Geist.“)

Die intransitiven Gegenstücke dazu:

  • 起きる; 「貴方起きる。」 („Du wachst auf.“)
  • 見える; 「化物見えます。」 („Der Geist ist sichtbar.“)

 

Ein großer Teil der deutschen Verbtransitivität entspricht auch der japanischen, aber leider gibt es auch immer wieder Unterschiede, die einfach auswendig gelernt werden müssen. Sci.lang.japan und Wikibooks haben zwei Listen zusammengestellt (auf Englisch), die häufig verwechselte Verben gegenüberstellen, für den Rest muss unglücklicherweise die Erfahrung herhalten.

So ein deprimierender Kapitelabschluss! ;_;

 

…wenn es nicht die Merkregel gäbe, intransitive Verben einfach zu passivieren. 分かる soll man sich einfach nicht als „verstehen“, sondern als „verstanden werden“ merken, dann funktioniert auch die direkte Übersetzung super, weil man auch in der deutschen Sprache sofort erkennt, dass bei „Ich werde verstanden“ das „Ich“ ein Subjekt und kein Objekt ist und daher im Japanischen ein benötigt und kein .

Das ist aber nur eine Notlösung, weil man Verbtransitivität/-intransitivität für andere Teile der Sprache dennoch benötigt ( markiert zB mehr als nur ein Objekt), also kann man diese Merkregel eigentlich wieder vergessen. Jetzt ist der Kapitelabschluss erst recht wieder deprimierend. ;_;

Autor:
Datum: 02.09.2012
Kategorien: Blog, NanaOne-Japanischkurs

  1. 1 | Toto

    Hi naich,

    Also eine Anmerkung zu 見える und わかる, die hier nötig ist.

    1) 見える ist ein Verb in der Potentialisform, d.h. es drückt ein aktives Können aus. Es gibt auch die 見られる Form, sie drückt passives Sehen aus. 見える braucht immer が sowie z.B. できる
    2) わかる impliziert schon „ich kann verstehen“ = „ich verstehe“, deswegen gibt es keine Potentialform und es steht immer mit が.
    (in diesem Bezug ist die Transitivität/Intransivität ohne Belangen!)

    Ansonsten alles in Ordnung^^
    Bis denn.

    • 2 | naich

      Okay, ich hab dich jetzt nicht verstanden xD

      1) In jedem Wörterbuch, das ich irgendwie finden kann, steht 見える als eigenständiges Verb. Dann stoße ich aber wieder auf Artikel wie diese, die mich dann stutzig machen, weil Japaner anscheinend selbst Probleme mit ihrer Sprache haben. Aber wieso braucht 見える immer ein が, wenn es nichts mit Transitivität und Intransitivität zu tun hat?

      2) Selbiges wie oben. Was hat die Potentialform mit が zu tun? Wäre nett, wenn du das noch genauer erklären könntest 🙂

    • 3 | Drekelmann

      „weil Japaner anscheinend selbst Probleme mit ihrer Sprache haben“ -> Ich schätze mal, das sind Unstimmigkeiten, wie es sie über jede Sprache und in jeder Sprache gibt. Das kennen wir im Deutschen ja auch, als Beispiel mal „Der Laden hat geöffnet“, was man wunderbar als Perfekt Aktiv interpretieren kann, aber ein Laden, der irgendwas öffnet, ergibt keinen Sinn (und das Akkusativobjekt fehlt obendrein), also ist die Bedeutung doch irgendwie passivisch („Der Laden ist geöffnet worden“), auch wenn es grammatikalisch nicht so aussieht.

      Aber mal was Naheliegenderes: Was hindert uns eigentlich daran, uns das Verstehen der japanischen Verbtransitivität leicht zu machen und die zweifelhaften Verben passivisch zu übersetzen? Also: 分かる -> „verstanden werden“?

      • 4 | naich

        Weil es dann kompliziert werden könnte, wenn wir den Satz tatsächlich im Passiv schreiben. Sag mir mal den Passiv zu „Ich werde verstanden.“ xD

        • 5 | Drekelmann

          Aber wäre „Ich werde verstanden“ im Japanischen nicht genau 私が分かります (soweit ich aus dem obigen Beispielsatz schließe)? In dem Fall ist dein Einwand hinfällig. Davon abgesehen ist jedes Passiv (im Deutschen) die aktive Form des Hilfsverbs „werden“ plus Partizip II des Vollverbs, also insgesamt ein intransitives Verbkonstrukt (wenn dieses „werden“ transitiv wäre, könnte man ein Passiv-Passiv bilden und immer so weiter). Man kann also jedes intransitive Verb in einer anderen Sprache notfalls passivisch ins Deutsche übersetzen. Und 分かる ist intransitiv, oder?

          • 6 | naich

            Hm, stimmt, gutes Argument. So etwas fällt mir selbst beim Sprechen nicht auf, weil ich kaum wortwörtlich übersetze und ein Passiv daraus mache.

            Man kann also jedes intransitive Verb in einer anderen Sprache notfalls passivisch ins Deutsche übersetzen.

            Ich würde sogar sagen, dass das eine nette Art ist, um sich Transitivität und Intransitivität zu merken, weil man diese beiden Begriffe einfach „wegschmeißen“ kann und sich für intransitive Verbe die passive Form des deutschen Äquivalents merkt. Ich möchte noch auf Totos Stellungnahme dazu warten, weil es da sicher wieder einen Haken gibt, aber wenn nicht, übernehme ich das demnächst in das Kapitel.

          • 7 | Drekelmann

            Man muss ja beim Übersetzen auch nicht unbedingt ein Passiv daraus machen, weil wörtliche Übersetzungen in den seltensten Fällen (egal, aus welcher Sprache) besonders „passend“ sind (Stichwort „So frei wie nötig, so wörtlich wie möglich“). Aber wirklich „wörtlich“ (Wort für Wort) übersetzen heißt, finde ich, jedes Wort gemäß seiner Bedeutung und Grammatik im Satz der Ausgangssprache wiederzugeben (soweit das eben geht), und dann heißt der Satz 私は英語がわかります „Was mich betrifft, wird Englisch verstanden“; in sinngemäßem Deutsch: „Ich verstehe Englisch“. Deine Rede: Es ist sinnlos, aus einer Sprache wie Japanisch wörtlich ins Deutsche zu übersetzen. Aber wörtliche Übersetzungen (wo sie möglich sind) können helfen, die Sprachstruktur zu verstehen.

            Ich würde die Begriffe „Transitivität“ und „Intransitivität“ dennoch nicht einfach „wegschmeißen“, schon allein deswegen, weil sie in meines Wissens jeder Sprache wichtig sind. Und speziell im Japanischen kann das Akkusativobjekt ja noch ein paar andere Funktionen übernehmen, als nur das Objekt eines transitiven Verbs darzustellen, soviel ich weiß (公園を歩きます).

          • 8 | naich

            公園を歩きます geht aber meines Wissens nach nur, weil を auch bei „bewegenden“ Verben benutzt wird. Ich glaube nicht, dass es da auf die Transitivität/Intransitivität dieses Verbs ankommt.

            Abgesehen davon: Hab ich denn jemals gesagt, eine wörtliche Übersetzung sei besser als eine sinngemäße? :3

          • 9 | Drekelmann

            Gegenfrage: Habe ich behauptet, du hättest das gesagt?

            Ich wollte eigentlich nur ausdrücken, dass man wahrscheinlich deswegen nicht die passivische Übersetzung nimmt, weil man sie – da wörtlich, aber „undeutsch“ – nie verwendet.

            Ich stoße hier zwar mit einem „Plädoyer“ für die alten Sprachen wahrscheinlich auf völlig taube Ohren, aber weil es gerade so schön passt: Im Lateinischen gibt es die sogenannten Deponentien, das sind Verben, die immer im Passiv stehen, aber eine aktivische Bedeutung haben und dementsprechend immer im Aktiv übersetzt werden (und immer intransitiv sind). Das ist quasi das genaue Gegenteil oder fast dasselbe wie Verben wie 分かる, je nach dem, wie herum man es betrachtet.

            Und dass 公園を歩きます funktioniert, hat natürlich nichts mit der Verbtransitivität zu tun (man geht nicht Park), deswegen habe ich es ja als Beispiel dafür genommen, das „das Akkusativobjekt ja noch ein paar andere Funktionen übernehmen [kann], als nur das Objekt eines transitiven Verbs darzustellen“. Aber genau da ist der Begriff der Verbtransitivität ja trotzdem wichtig, weil を bei transitiven Verben das direkte Objekt markieren würde und nicht, wie bei dem obigen Satz, den Ort. Ich wollte mich nun mal dagegen wehren, dass du den Begriff „Verbtransitivität“ einfach „wegschmeißen“ wolltest, nur weil man sich die Unterschiede in japanischer und deutscher Transitivität einfacher merken kann.

          • 10 | naich

            Gegenfrage: Habe ich behauptet, du hättest das gesagt?

            Nein, aber ansonsten hatte (Achtung, Vorvergangenheit) ich nicht viel Sinn in deinem großen Absatz gesehen^^

            Ich bin nicht gut in solchen sachlichen Diskussionen, alleine schon deswegen, weil ich jetzt kaum noch Gegenargumente finden kann und hauptsächlich will, da ich selbst schon beabsichtige, deine Anmerkungen im Text zu ergänzen. Aber abgesehen davon meinte ich gar nicht, dass man die Transitivität/Intransitivität vollkommen vergessen sollte, sondern dass man sie zum Übersetzen solcher Aussagesätze selbst ignorieren kann, bis man dieses Verb später im „Gefühl“ hat und sich ohnehin keine Gedanken mehr um solche Verbeigenschaften machen muss.

          • 11 | Drekelmann

            Ah, okay – dann haben wir irgendwie aneinander vorbeigeredet.

            ‚tschuldigung, aber ich hatte irgendwie das Gefühl, dass ich mich für meine Besserwisserei rechtfertigen oder entschuldigen müsste…

          • 12 | naich

            Nein, musst du nicht. Redundanz schafft Sicherheit! :3

  2. 13 | Schnitzelschale

    Wird das 人 nach ドイツ eigentlich „hito“ ausgesprochen, oder hat das Kanji in dem Zusammenhang eine andere Lesung?

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