Es wird wirklich „still“ um Silent Hill

Vor ein paar Tagen hatte ich eine kleine Kolumne zu »Deadly Premonition« geschrieben und das Spiel trotz miserabler Technik in den Himmel gelobt. Als @grumpyconny und ich letztens nach der zweiten Zock-Session zum Ausklang noch eine kurze Runde durchs erste Silent Hill drehten (Die Reihe war ja definitiv eine Inspirationsquelle von Deadly-Mastermind Swery), wurde ich plötzlich nostalgisch. Es ist unglaublich, wie viel „Silent Hill“ schon im Erstling steckte und wie geschickt diese Elemente auch in den späteren Teilen immer wieder verwendet wurden. Leider scheint der Serie die Puste ausgegangen zu sein. Nach dem eher mittelmäßig angenommenen »Downpour« und der verpatzten Chance mit »Silent Hills« die Reihe wiederzubeleben, ist es tatsächlich ruhig um den Stillen Hügel geworden.

Als waschechter Fan von Survial Horror gibt es für mich drei große Serien: Resident Evil, Project Zero und eben Silent Hill. Irgendwie gehört auch noch »Alone in the Dark« mit dazu, allerdings empfand ich die Spiele immer als totalen Schrott. Mein Favorit ist zwar Capcoms Zombie-Odyssee , aber die Ableger von Silent Hill, vor allem „Homecoming“ und Silent Hill 2, hatten für mich immer einen ganz besonderen Status. Generell ist gerade die optische Präsentation von Silent Hill einfach unschlagbar. Diese Mischung aus von Alkohol geschwängertem Selbstmitleid, bizarrer Story und alptraumhaften Kindheitserinnerung ergibt einen Cocktail, den ich immer wieder gerne genieße. Hier ist Gaming zweifelsohne Kunst.

Obwohl der Erstling 1999 noch den Ruf eines Wellenreiters innehatte, konnte Konami schnell beweisen, dass das Grundkonzept des Gameplays zwar entfernt an den damals unschlagbaren Genre-König Resident Evil angelehnt war, ansonsten aber durch sein Spiel mit der Psyche des Rezipienten eine damals ungewohnte Tiefe erreichte. Es war – pardon – „ziemlich kranker Scheiß“, aber eben genau die Art von „krankem Scheiß“, auf die man Bock hat. Silent Hill ist dreckig, verstörend und absolut surreal. Hier gibt es keine „Evil Corp“, die mittels Verschwörung die Welt erobern will – Silent Hill war und ist ein depressiver Abstieg in den verrottenden Keller der eigenen Seele. Ein spannender Höllentrip ohne wirkliches Happy End.

Unterstützt wurde die ohnehin schon beklemmende Grundstimmung dabei von einem Soundtrack, dessen Macher Akira Yamaoka für mich so untrennbar mit den Spielen verbunden ist, dass sein Ausstieg für mich DER Grund war, Downpour lange Zeit nicht zu spielen. Seine musikalische Untermalung, vor allem die Tracks zusammen mit Sängerin Mary Elizabeth McGlynn, laufen bei mir noch heute regelmäßig durch die Playlist (einige Stücke findet man sogar bei Spotify).

18 Jahre nach dem ersten Silent Hill hört man fast nichts mehr von der morbiden Kleinstadt. Das letzte große Aufbäumen, mit Hideo Kojimas „Silent Hills“ (das als Playable Teaser bzw. PT für Aufsehen sorgte), wurde ohne Angabe von Gründen eingestampft – zusammen mit der Entlassung von Kojima höchstpersönlich. Er, der mit seinen Metal-Gear-Solid-Spielen maßgeblich am Erfolg von Konami verantwortlich war, wurde ohne Angabe von Gründen aus dem Unternehmen verbannt und mit jahrelangen Repressalien belegt. Damit verlor Konami nicht nur sein bekanntestes Gesicht, sondern die Marke „Silent Hill“ auch ihre Chance auf einen Neuanfang. Den hätte die Serie unbedingt benötigt, denn das klassische Genre der Survial-Horror-Games steckt seit Jahren in der Krise. Verglichen mit Capcoms Resident Evil 7, das bereits ansatzweise konsequent mit der Zeit ging und wesentliche Kerne des Gameplay überarbeitete, den Fokus wieder weg vom Shooter in Richtung Atmosphäre rückte, hätte Silent Hills eine wahre Offenbarung werden können, die seinesgleichen gesucht hätte. Aber eben nur „hätte“..

Bei Silent Hill blicken wir zuletzt auf das eher mittelmäßige „Downpour“ zurück, das vor allem durch seine technischen Probleme, den Fokus auf Action sowie den Wegfall vom Gott-Komponisten Akira Yamaoka eher negative Erinnerungen bei den Fans hinterlassen hat. Da Konami bereits offiziell verlauten lies, keine weiteren Pläne für Triple-A-Games außerhalb seiner Fußball-Marke „Pro Evolution Soccer“ zu haben, sieht es eher dürftig bezüglich Chancen auf ein Revival aus. Gerüchteweise soll ja Sony bereits Interesse an der Marke Silent Hill haben, aber ob da etwas dran ist, steht in den Sternen.

Schade ist vor allem, dass die Macher der Serie mit „Shattered Memories“ eigentlich bereits visionäre Ideen umgesetzt hatten. Im eher auf Atmosphäre und Psychospielchen ausgelegten Sequel erleben wir die Handlung vom ersten Teil noch mal in stark veränderter Form. Dabei verzichtet das Gameplay völlig auf den Gebrauch von Waffen und setzte, neben dem Einsatz eines Smartphones für die Detektivarbeit, auf ein Feature, das wir zuletzt in Until Dawn wiedergefunden haben: Zwischen den einzelnen Kapiteln sitzen wir bei einem Psychologen, der uns teilweise bizarre Fragen stellt. Anhand unserer Antworten ermittelt das Spiel dann ein Profil und passt seinen Ablauf unseren Ängsten an.

Aus heutiger Sicht wäre das der perfekte Weg für Silent Hill gewesen, aber Shattered Memories erschien einfach zu früh und mit der Nintendo Wii (später auch noch auf der PS2) einfach auf der falschen Plattform. Ein paar Jahre später und es wäre ein Megahit geworden, der das komplette Genre neu definiert hätte, und wäre nicht nur als weiterer fehlgeschlagener Versuch der Reihe geendet, seinem eigenen Exodus entgegenzuwirken.

Autor:
Datum: 19.07.2017
Kategorien: Blog, Gaming-Reviews

  1. 1 | [ ]

    Sony hat Siren, da macht es keinen Sinn Silent Hill zu kaufen.

    Ich mag auch gern SH1,2,3 und 4 und deren tolle Soundtracks. Homecoming war okay und imo hat Mary Elizabeth McGlynn der Serie nach dem Erscheinen von 2,3,4 nicht so gut getan, und dann hat sie ja auch noch Regie + Voice Over bei den HD Remastern übernommen….

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