»Yakuza Kiwami 2« ist quasi Pflichtprogramm, ehrlich jetzt

Zehn Jahre im Eichenfass gereift? Naja, fast. Am 19. September 2008 erschien Yakuza 2 in Europa für die PlayStation 2 – knapp zwei Jahre nach dem Release in Japan. Damals galt Yakuza bei uns noch als unbeliebt, aber das hat sich heute geändert. Der großen Veröffentlichungswut von SEGA und Koch Media zu Dank, finden seit wenigen Jahren regelmäßig Ableger ihren Weg nach Wurstland. Mit allergrößter Vorfreude haben die Fans den Release des zweiten Remaster vor wenigen Wochen erwartet. Ich bin einer von ihnen.

Yakuza Kiwami 2 ist wie auch schon sein Vorgänger ein grafisch komplett überarbeitetes und inhaltlich erweitertes Yakuza 2, das mich zurück in die Gangsterwelt Japans führt. Nach dem turbulenten Ende des Vorgängers wollte Antiheld Kazuma Kiryu eigentlich seine Ruhe vor den Verbrecher-Clans haben, wird aber durch einige Umstände zwischen die Fronten des Tojo- und des Omi-Clans gezwungen. Mal wieder geschieht ein Mord und diesmal muss Kazuma zusammen mit Ermittlerin Kaoru Sayama den Drahtzieher finden und einen Krieg zwischen den Yakuza verhindern. Dabei entpuppt sich Yakuza Kiwami 2 vor allem als sehr gute Detektivgeschichte. Die Handlung pendelt zwischen Tokio und Osaka, deren begehbare Stadtteile mit sehr viel Liebe zum Detail nachempfunden wurden. Ehrlich, das sieht dank der Yakuza-6-Engine schon extrem gut aus, vor allem in Full-HD.

Wie gewohnt ist die Story von vielen Irrungen und Wirrungen geprägt. Freund und Feind wechseln ihre Rollen, wirklich leicht zu verstehen ist das Ganze nicht. Liegt vor allem mit daran, dass auch dieses Yakuza ohne deutsche Texte auskommen muss. Wer’s nicht drauf hat, sollte auf jeden Fall ein Englisch Wörterbuch mit am Start haben. Dafür hat sich SEGA alle Mühe gegeben, die Übersetzung aus dem Japanischen so originalgetreu wie möglich zu halten. Gerade bei den Hierarchien der auf Samurai-Traditionen aufbauenden Gangster-Clans kann einem schon schwindelig werden. Da lohnt es sich umso mehr, zur Abkühlung einer der vielen Nebenaktivitäten nachzugehen oder eine Runde durchs bunte Nachtleben zu flanieren.

Neu dabei ist der aus Yakuza 6 bekannte Clan Creator, in dem ich in einer Art Tower-Defence strategisch aktiv werden muss. Goro Majima ist dabei, also wird’s verrückt. Weitere Highlights sind definitiv die Foto-Shootings mit japanischen Erotikstars oder Virtua Fighter 2 in der Arcade. Letzteres dürfte vor allem bei Fighting-Game-Nostalgikern der späten 90er für viele Stunden Spielspaß suchen. Die Fotos mit den Girls sind dann wohl eher etwas für die Fraktion „Dead or Alive Xtreme“, aber durch die Echtfilm-Sequenzen sehr gut umgesetzt. Oder ihr spielt halt Golf, Mahjong oder Karaoke. Oder ihr besucht ein Restaurant – was im übrigens auch Erfahrungspunkte für neue Skills mit sich bringt. Die ganzen Nebenbeschäftigungen und das Sightseeing können die Spielzeit locker schon mal verdreifachen – je nachdem, wie tief ihr in die magische Welt von Japan versinken wollt.

Ansonsten macht ihr bei Yakuza Kiwami 2 genau dasselbe, wie in jedem Yakuza-Game: Mit Handlungsfiguren quatschen oder irgendwem die Fresse polieren. An jeder Ecke und während fast jedes Story-Strangs warten immer wieder Prügeleien, die den Action-Anteil des Adventures ausmachen. Da gibt’s auch keinen Weg dran vorbei. Die Yakuza-Reihe war schon jeher ein Brawler und so sind die teilweise toughen Kämpfe ein Fest für Martial-Arts-Fans. Ganz einfach weil das Spiel hier jegliche Realität sausen lässt und Ausmaße eines Shonen-Anime annimmt. Unzählige Combos, verrückte Spezialattacken oder die verschiedenen Waffen machen das wirkliche gute Kampfsystem zum Genuss. Allerdings verzichtet Kiwami 2 auf die unterschiedlichen Kampfstile des Vorgängers. Kazuma prügelt sich diesmal nur in einer Haltung, kann aber dafür tonnenweise Moves erlernen.

Auch wenn SEGA einige Minigames wie den Club Adam oder Bowling gestrichen sowie ganz wenige Missionen anders verwurstet hat, um die Story besser zu erzählen (was natürlich nur auffällt, wenn man das Original kennt), gibt es auch wieder ein Bonbon für Fans von Goro Majima. Der verrückte Yakuza erhält diesmal sogar eine eigene Kampagne – die zwar keine Hauptstory-Ausmaße annimmt, dafür aber noch mal frischen Wind in die Bude lässt. Goro hat mittlerweile einfach Kultstatus erreicht und die Kämpfe mit ihm spielen sich noch mal flotter.

Die Magie von Yakuza Kiwami 2 ist die wie immer schwer in Worte zu fassende Mischung aus dem sympathischen (Anti-)Helden Kazuma und dessen bedachter sowie respektvolle Art, selbst als Super-Gangster heldenhaft zu sein, dem  Wechselspiel zwischen japanischer Verrücktheit (in der Sidequest „Be my Baby“ kämpft man zB. gegen eine Gruppe Yakuza in Windeln) und ausgelassenen sowie ruhigen Momenten, in zwei so temporeichen Großstädten, gepaart mit einer wirklich spannenden Handlung, die auf unzähligen Charakteren und ausschweifenden, teils bockernsten, gerne aber auch trashigen Dialogen aufbaut. Man muss es einfach selbst gespielt haben, um sich davon einfangen zu lassen.

Leider fand Yakuza 2 seiner Zeit außerhalb Japans eher wenig Interesse, was sich jetzt durch das Remaster ändern wird und das ist auch gut so. Viel zu lange wurde diese wundervolle Reihe, die es mit den ganz großen aufnehmen kann, übersehen. Ob das Konzept Kiwami fortgeführt wird, ist unwahrscheinlich. Ab Yakuza 3 sind alle Teile für die PlayStation 3 erschienen, eine große optische Anpassung ist also nicht zwingend notwendig. Dafür kündigte SEGA bereits an, dass Teil 3 bis 5 als reine Neuauflagen für die PlayStation 4 nochmals erscheinen werden. Bleibt zu hoffen, dass es nicht ewig dauert, bis wir hier ebenfalls Nachschub serviert kommen.

Yakuza Kiwami 2 ist Pflichtprogramm für jeden Fan japanischer Spielkunst und sollte seinen Weg ganz schnell in gut sortierte Sammlungen finden. Mehr gibt es hier nicht zu sagen.

Autor:
Datum: 20.09.2018
Kategorien: Blog, Gaming-Reviews, Koch Media, SEGA

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