Japanisch für den allergrößten Volltrottel, der sich niemals fortpflanzen sollte
Kapitel 55-
Verdammt noch mal, Peter, jetzt hör mal auf zu essen
Stellen wir uns für einen Moment mal vor, wie die Welt wohl aussehen würde, wenn wir den Kapitalismus besiegt haben und gemeinsam in einer Kommune für den Staat arbeiten. Marx und Lenin würden lächelnd vom Himmel auf uns herabsehen und sich darüber freuen, wie wir unseren persönlichen Besitz aufgegeben haben und uns dem Volk als Eins widmen. Doch wie uns die Vergangenheit gelehrt hat, ist so ein perfekter Marxismus viel zu labil, um ihn lange zu halten, und schließlich werden wir mit unserem neuen Diktator in einen dritten Weltkrieg geführt, der die halbe Erde in einen nuklearen Winter versenkt.
Meine Metaphern sind mies…
Ich schreibe hier einen verdammten Sprachkurs und vergess dabei die Bezüge zur Sprache, genial. Was ich damit sagen wollte, ist, dass wir mal für einen Moment so tun sollen, als gäbe es keinen grammatischen Besitz, keinen Possessiv in irgendeiner Form und Weise. Im konkreten Fall der japanischen Sprache würde ich damit wohl meinen, dass wir auf の verzichten. Zur Erinnerung: の ist die japanische Possessivpartikel, die einen Besitz oder eine Zugehörigkeit anzeigt. (クルトの猫 -> Kurts Katze; 私の財布 -> Meine Brieftasche etc.) Hier hab ich’s etwas genauer erklärt.
Was machen wir da? Nun, es gibt im Japanischen eine Art Umweg über eine recht oft verwendete Satzkonstruktion, die hier im Kurs bisher aber noch nie erwähnt wurde. Die Rede ist von:
SUBJEKT は OBJEKT が PRÄDIKAT
Und bevor ich nun näher darauf eingehe, sollte sich jeder Leser, der nicht weiß, was は und が aussagen bzw. was der Unterschied ist, dieses Kapitel durchlesen. Ich mein’s ernst, klick den Link. Wirklich jetzt, klick drauf und lies. Ja, auch du. Und du auch. Ne, du nicht, du besserst mir ja bloß wieder nur Rechtschreibfehler in alten Artikeln aus.
Gelesen? Gut.
Wie wir jetzt alle wissen, wird in all den Lehrbüchern und Erklärtexten über das Wörtchen は immer die direkte Übersetzung mit „was… betrifft“ erwähnt. Das hilft uns in dem Fall sehr gut weiter, weil es den Unterschied zwischen einem Subjekt und einem Satzthema deutlich macht. Holen wir uns doch mal wieder unseren Lieblings-Beleibten als Beispiel her. Hey, Peter!
„Ja?“
„ペーターは腹が大きい。“
„Äh, danke!“
Ach, Peter, du musst noch ’ne Menge lernen. Wie üblich hab ich ihn natürlich mal wieder beleidigt, und zwar wortwörtlich mit „Peters Bauch ist groß“. So einen seltsamen Satz könnt ihr aber gleich wieder aus euren Gedächtnissen streichen…
„Ey, du Trottel, in dem Satz is ja ’n ’Peters’ drin! Haste nich grad noch gesagt, wir verzichten auf ’nen Possessiv, du Penner?“
Halt endlich mal dein fettes Maul, dummer, vorlauter Schüler. Du hast dich in 55 Kurskapiteln schon so oft gemeldet, du bist mittlerweile ein schlimmerer Running Gag als die kleine Fee der japanischen Sprache. Aber ehrlich gesagt hast du recht, in der Übersetzung steht „Peter“ im sächsischen Genitiv, obwohl wir in der japanischen Version auf die Possessivpartikel の verzichten. Daran ist aber nicht die Übersetzung schuld, sondern die deutsche Sprache. Wir können so einen Satz im Deutschen nicht aussagen und gleichzeitig auf eine Besitzanzeige verzichten. Es sei denn natürlich, wir verwenden, wie oben erwähnt, die Konstruktion mit „was… betrifft“, dann würde der Satz nämlich folgendermaßen aussehen:
„Was Peter betrifft, der Bauch ist groß.“
Um welchen Bauch es sich handelt, geht also technisch gesehen nur aus dem Kontext hervor, praktisch wird das gesamte Satzkonstrukt aber immer als fester Ausdruck gewertet und das Subjekt „gehört“ immer dem Satzthema. は als Thema des Satzes nennt also (aus Mangel an einem aufschlussreicheren Wort) das übergeordnete „Thema“ der kompletten Aussage, während das Subjekt mit が genauer spezifiziert, worüber eigentlich eine Behauptung gemacht wird.
Aber diese Konstruktion muss nicht immer einen direkten Besitz ersetzen. Manchmal kann man damit auch Dinge aufzeigen, die nicht unbedingt physisch zum Satzthema zuordenbar sind. Erinnert sich noch jemand an Haganai? Diesen dummen Anime über einen Schulklub voller Leute ohne Freunde? Mit diesem weiblichen Hauptcharakter, von dem du ’ne Menge Fan-Zeichnungen in deinem versteckten Ordner verstaut hast? Die Serie heißt mit vollständigem Namen 僕は友達が少ない. Da 少ない ein i-Adjektiv ist und sich der Titel daher nicht anständig ins Deutsche übersetzen lässt (außer, man findet „Meine Freunde sind wenig“ einen tollen Titel), kann man auf eine Besitzanzeige verzichten und einfach „Ich habe nicht viele Freunde“ sagen. Wieder gilt: 僕は ist quasi die Wurzel im Aussagenbaum, die das allgemeine Satzthema vorgibt, und 友達が ist der Ast, der konkreter an die Sache herangeht und etwas aus dem Thema hervorhebt. „Was mich angeht, es gibt wenig Freunde.“
Satz | Transkript | Übersetzung |
---|---|---|
セップは髭がながい。 | Sepp wa hige ga nagai. | Sepp hat einen langen Bart. |
オランダは山が高い。 | Oranda wa yama ga takai. | Die Berge in Holland sind hoch. |
我輩はお鼻が痒い。 | Wagahai wa o-hana ga kayui. | Das Geruchsorgan meiner Wenigkeit ist gereizt. |
イギリスには美食がない。 | Igirisu ni wa bishoku ga nai. | Die englische Küche hat nix zu bieten. |
ゾンビはサッカーが上手です。 | Zonbi wa sakkaa ga jouzu desu. | Zombies sind ausgezeichnete Fußballspieler. Soll kein Kommentar auf den Ausgang der letzten WM sein. Zumindest kein sinnvoller. |
鶏の国は鶏がいる。 | Niwatori no kuni wa niwatori ga iru. | Im Hühnerland gibt es Hühner. Ja, tut mir leid, mir sind die Beispiele ausgegangen. |
は und が sind erneut ein schrecklich kompliziertes Thema und es ist sehr schwierig, die Bedeutungen jemandem näherzubringen, dem die Sache nicht in Fleisch und Blut übergelaufen ist. Man könnte ganze Doktorarbeiten über diese beiden Wörtchen schreiben. Da ich aber weiß, dass meine drei Leser ohnehin schon Profis sind, mach ich mir keine Sorgen. Der Rest darf die lustigen Bilder genießen.
Gepostet von naich am 01.08.2014 | 30 Kommentare
Japanisch für den allergrößten Volltrottel, der sich niemals fortpflanzen sollte
Kapitel 54-
Peter ist noch immer dick
Zwei Wochen lang haben wir jetzt schon Peter als dick beschimpft. Neun von zehn Beteiligten fanden das immer sehr lustig, doch dann musste gestern ausgerechnet Peter selbst wütend herausrufen, dass wir doch gar nichts anderes sagen können als „Peter ist dick“. Schlagfertig wollten wir antworten: „Klar können wir!“, doch dann ist uns eingefallen, dass er ja eigentlich recht hat. Mehr als „Peter ist dick“ kriegen wir tatsächlich nicht heraus. Diese Unverschämtheit muss gerächt werden! Hat dieser Peter noch nie was von Höflichkeit gehört?
Wie heißt es in der Datenbanktechnik so schön? „Redundanz schafft Sicherheit!“ Deswegen werden wir den Satz „Peter ist dick“ nun so weit ausbauen, dass er redundant wird, damit wir mit Sicherheit sagen können, dass Peter sich beleidigt fühlt. Ich rede davon, dass wir im Satz dem Substantiv ein Attribut mitgeben. Und damit es auch schön redundant wird, heißt unser Beispielsatz einfach mal „Der dicke Peter ist dick“.
Jeder, der in der Hauptschule nicht pünktlich zu jeder Deutschstunde halblaut zu sägen begonnen hat, muss wissen, was ein grammatisches Attribut ist. Darum werde ich jetzt auch sicher nicht erklären, dass ein Attribut ein Adjektiv ist, das einem Nomen beigefügt wird und ebendieses genauer beschreibt, zB „alte Hütte“, „rostige Axt“ oder „blutverschmierter Waldboden“. (Streng genommen kann ein Attribut auch einer Menge Wortarten beigefügt werden, aber mit der Definition müssen wir jetzt mal auskommen.)
Einem i-Adjektiv ist dieser ganze Attribut-Kram völlig wurscht, setzt sich vor das Nomen und klebt wie ein Kaugummi daran fest, ohne irgendein Wort dazwischenzulassen. Soll heißen: i-Adjektive brauchen, um als Attribut zu gelten, weder flektiert werden noch benötigen sie eine verwirrende Endung. Man setzt sie einfach in ihrer Grundform vors Substantiv und fertsch. Anders als im Deutschen, bei dem wir sogar das verdammten Genus berücksichtigen müssen. Aber dass Deutsch stinkt, muss ich ja bei einem Haufen Japanisch-Enthusiasten, die ich als mein Lesepublikum bezeichne, nicht betonen. >impliziert jemand liest noch mit
Es ist übrigens egal, ob das Adjektiv in der Vergangenheit oder in der Negation steht.
Na-Adjektive sind nicht ganz so stur, verlangen aber unbedingt ihren Lieblingsteddy, wenn sie sich vor das Nomen stellen wollen. Und dieser Lieblingsteddy heißt な. Moment, dann sind sie ja eigentlich doch stur… Egal, die Metapher war sowieso affig. Na-Adjektive haben jedenfalls noch ein な zwischen dem Nomen und… nun, dem Adjektiv selbst stehen. Dass na-Adjektive nach diesem な benannt wurden, ist natürlich völlig absurd und unglaublich weit hergeholt. Aber Vorsicht: dieses な brauche ich nicht mehr, wenn ich (wegen einer Vergangenheits- oder Verneinungsform) schon ein だ dahintersetze! Das hat den linguistischen Grund, dass な eigentlich nur die Attributivform von だ ist und… Egal, das wird zu tiefgreifend.
Beispieltabelle, fick ja!
Grundform | Attributive Verwendung |
---|---|
太い (futoi; dick) | 太い犬 (futoi inu; dicker Hund) |
新しい (atarashii; neu) | 新しいパソコン (atarashii pasokon; neuer PC) |
眠い (nemui; müde) | 眠くない著作者 (nemukunai chosakusha; nicht müder Autor) |
赤い (akai; rot) | 赤かったСССР (akakatta CCCP; rot (kommunistisch) gewesene UdSSR) |
静か (shizuka; still) | 静かではない風 (shizuka de wa nai kaze; nicht leiser Wind) |
不条理 (fujouri; unsinnig) | 不条理な社会 (fujouri na shakai, absurde Gesellschaft; Ich hab Gesellschaftskritik in meinem Text, bin ich jetzt cool?) |
美味 (bimi; lecker) | 美味だった猫焼き (bimi datta oyaki; lecker gegrillt gewesene Katze) |
完全 (kanzen; vollständig) | 完全な真空 (kanzen na shinkuu; absolutes Vakuum; Das ist laut Wikipedia ein polnisches Buch. The more you know.) |
Wie lautet also nun der schönste Satz der Welt? 太いペーターは太いんだ. Der dicke Peter ist dick. Genial.
Leider scheint es, als müssten wir uns nun von diesem Satz verabschieden, weil die adverbiale Form von „dick“ auf die prädikative Form von „dick“ irgendwie nicht passt. „Der dicke Peter ist dick dick“ klingt halt etwas seltsam. Da ich aber gerne noch Adjektive in Adverbform erklären möchte, müssen wir auf einen intelligenteren Beispielsatz zurückgreifen. Zum Beispiel: „Der dicke Peter ist außergewöhnlich dick.“
Okay, Adverbien sind etwas komplizierter als Attribute, darum ein kurzer Exkurs: Adverbien beschreiben eine Situation oder ein Wort in einem Satz genauer. Im Gegensatz zum Attribut steht ein Adverb aber nicht direkt vor dem Nomen, sondern kann mitten im Satz auftauchen. Im Englischen erkennt man ein Adverb relativ gut, indem man darauf achtet, ob hinter einem Adjektiv die Endung ~ly steht, aber im Deutschen geht das nur mit wenigen Worten und zB den Endungen ~erweise, ~lich oder ~halb. Aber das ist alles eigentlich ziemlich unwichtig, weil wir uns hier auf japanische Adverbien konzentieren wollen, die sich auf Verben beziehen und von Adjektiven abgeleitet sind. „Er geht schnell einkaufen“, „Mama hat gut gekocht“ oder „Schnuffi bellt laut“ wären Beispiele dafür. Man muss sich nur die altbekannte „Wie?“-Frage stellen: Wie geht er einkaufen? Schnell. Wie kocht Mama? Gut. Wie bellt Schnuffi? So nervtötend, dass ich gleich die Motorsäge aus dem Schuppen hole.
Natürlich nicht für den Hund, obwohl der etwas gruselig ist, sondern für die i-Adjektive. Die müssen wir mit der Motorsäge nämlich genau zwischen Adjektivstamm und い zerteilen, sodass wir an das blutige Ende des Stammes ein く transplantieren können. Dann klebt man mit etwas Panzertape dahinter noch das entsprechende Verb dran und wir können sagen: Herzlichen Glückwunsch, die Adverb-OP war ein voller Erfolg. Bei na-Adjektiven funktioniert die Methode genauso, nur dass wir das な mit einem に ersetzen müssen. Aber vorher die Motorsäge desinfizieren!
Grundform | Adverbiale Verwendung |
---|---|
早い (hayai; schnell) | 早く歩きます (hayaku arukimasu; schnell gehen) |
安い (yasui; günstig) | 安く買い物しない (yasuku kaimono shinai; nicht günstig einkaufen) |
正しい (tadashii; korrekt) | 正しく理解する (tadashiku rikai suru; korrekt verstehen) |
汚い (kitanai, schmutzig) |
汚くなる (kitanaku naru; schmutzig werden) |
非常 (hijou; extrem) | 非常に飢える (hijou ni ueru; extrem hungrig sein) |
陽気 (youki; fröhlich) | 陽気に出刃を研ぎ澄ます (youki ni deba wo togisumasu; fröhlich das Messer schärfen) |
嗜虐的 (shigyakuteki; sadistisch) |
餌食を嗜虐的に笑いかける (ejiki wo shigyakuteki ni waraikakeru; das Opfer sadistisch angrinsen)
|
汗みずく (ase mizuku; schweißgebadet) | 汗みずくに目が覚めた (ase mizuku ni me ga sameta; schweißgebadet aufgewacht sein) |
Man kann hier recht gut erkennen, dass die Vergangenheits-/Verneinungsfunktion vom Verb übernommen wird, nicht mehr vom Adjektiv. Seien wir froh, sonst gäbs vermutlich noch irgendeine seltsame Adjektivendung, die sich keine Sau merken kann.
Also: 太いぺーたーは例外的に太いんだ. Der dicke Peter ist außergewöhnlich dick. Eine kreativere Beleidigung für einen beleibten Menschen kann’s echt nicht mehr geben.
Es gibt noch eine zweite Form von Adverbien, aber die ist heute nicht das Thema und daher brauch ich auch nix mehr zu schreiben. Huzzah!
Gepostet von naich am 08.07.2014 | 42 Kommentare
Mekakucity Actors (Projektseite)
Episode 07: Konohas Sicht der Welt
HD (720p, 10-bit): Torrent | DDL | XDCC #1309
Und noch Mäddel vom Sonntag:
Space Symphony Maetel (Projektseite)
Episode 11: „Heldenhafter“ Leopard
SD (480p, 10-bit): Torrent | DDL | XDCC #1308
Gepostet von naich am 27.06.2014 | 28 Kommentare
Japanisch für den allergrößten Volltrottel, der sich niemals fortpflanzen sollte
Kapitel 53-
Peter ist dick
Die Auszeit ist vorbei, der Kapitelindex hat einen hübschen Button spendiert bekommen und ich hab wieder genug Gelegenheit zum Schreiben! Zeit für trockene Japanischtheorie, juhu!
Beim Durchblättern der Kapitel ist mir aufgefallen, dass die Verwendung von Adjektiven noch nirgends explizit erklärt wurde. Das müssen wir schleunigst ändern, sonst können wir den dicken Peter gar nicht anständig mobben. Irgendwann wird „Hey, Peter, du bist ein Walfisch“ halt auch langweilig.
Zeit für ’ne Geschichtsstunde! Nun, eigentlich ist der historische Hintergrund nicht allzu interessant und auch nicht lustig genug, um ’ne kreative Geschichte darüber zu basteln. Japan war halt, wie wir wissen, Jahrhunderte lang abgeschottet von der ganzen Welt, abgesehen von gelegentlichen China-/Koreakriegen und Plünderungen. Dass sich das auf die japanische Sprache ausgewirkt hat, sollte seit der Einführung von Kanji nicht mehr allzu fern liegen. So hatte Japan für sich selbst schon eine riesige Menge an Adjektiven erfunden, aber die kleine Fee der japanischen Sprache fand halt, dass man die Einwohner noch ein wenig ärgern und den ohnehin schon großen Wortschatz noch vergrößern müsste. Aber die sollen nicht von den Bewohnern von glorious nippon erfunden werden, sondern von baka gaijins. So entwickelten sich neben reinjapanischen Adjektiven („Verbaladjektiven“ oder „i-Adjektiven“ (warum die so heißen, verrate ich gleich)) auch Eigenschaftswörter aus dem Ausland („Nominaladjektive“ oder „na-Adjektive“).
Na-Adjektive sind den meisten Japanisch-Lernenden lieber, weil sie einfacher zu flektieren sind. Darum fangen wir mit den schwierigeren i-Adjektiven an, weil ich es kann und ihr nichts dagegen tun könnt!!!11
Genannt werden i-Adjektive so, weil sie (nach dem Stamm) immer auf ein い enden. Und keine Sorge, flektiert werden sie auch nicht allzu kompliziert. Nehmen wir mal als vollkommen zufällig gewähltes Beispiel 太い (futoi, dick). Wir erinnern uns: Japanische Verben und Adjektive können für sich (unter anderem) in einer Vergangenheitsform und einer negierten Form stehen. Diese Formen bildet man mit der Stammform (Grundform ohne い) + der jeweiligen Endung, wie eigentlich alles in der japanischen Sprache. Diese Sprache ist echt viel zu leicht. (Sagt der verzweifelnde Japanisch-Student…) Die Vergangenheits-Endung lautet ~かった, die verneinte Endung ~くない. Oh, und die negierte Vergangenheits-Endung heißt ~くなかった.
Grundform | Vergangenheit | Verneinung | Verneinte Vergangenheit |
---|---|---|---|
太い (futoi; dick) | 太かった | 太くない | 太くなかった |
まずい (mazui; ekelhaft, schlecht) | まずかった | まずくない | まずくなかった |
うるさい (urusai; lärmend, nervig) | うるさかった | うるさくない | うるさくなかった |
悪い (warui; schlecht, böse) | 悪かった | 悪くない | 悪くなかった |
弱い (yowai; schwach) | 弱かった | 弱くない | 弱くなかった |
Das waren jetzt mal die coolen Formen für die coolen Coolen. Die Weichei-Formen, die etwas Höflichkeit ausdrücken wollen, hängen einfach ein です dran und die Welt ist wieder in Ordnung. Alternativ kann der liebe Augustin statt der Verneinungsform auch ~くありません und für die verneinte Vergangenheit ~くありませんでした sagen.
Ach ja, und warum werden Verbaladjektive so genannt, obwohl da gar kein Verb drin steckt? Welche Pappnase hat das erfunden, das kann doch nicht angehen, ICH MACH DEN GLEICH MESSER, DIESEN HU-
Jünge, chill ma‘ dein Leben, im Gegensatz zu Nominaladjektiven kann man Verbaladjektive wie ein Verb flektieren. Geschnallt, Digga?
Na-Adjektive sind die schlimmsten Nesthocker und Fundamentalisten überhaupt und beharren auf ihre Kopula. Sie weigern sich, selbst zu deklinieren und überlassen das alles Mama だ / です.
Grundform | Vergangenheit | Verneinung | Verneinte Vergangenheit |
---|---|---|---|
便利 (benri; praktisch, bequem) | 便利だった / でした | 便利じゃない / ではありません | 便利じゃなかった / ではありませんでした |
綺麗 (kirei; hübsch) | 綺麗だった / でした | 綺麗じゃない / ではありません | 綺麗じゃなかった / ではありませんでした |
正直 (shoujiki; ehrlich) | 正直だった / でした | 正直じゃない / ではありません | 正直じゃなかった / ではありませんでした |
有名 (yuumei; berühmt) | 有名だった / でした | 有名じゃない / ではありません | 有名じゃなかった / ではありませんでした |
大切 (taisetsu; wichtig) | 大切だった / でした | 大切じゃない / ではありません | 大切じゃなかった / ではありませんでした |
Grundsätzlich darf man aber jede です-Variation verwenden, die einem gerade gefällt, sofern es sozial angebracht ist. Meinem Chef gegenüber würd ich jedenfalls nicht sagen: „Die Arbeitskleidung war aber echt 便利じゃなかった!“
Joa, und in einem Satz kann man damit nun Subjekte eine Eigenschaft zuteilen, und zwar mit unserem schönen „Subjekt-は/が-flektiertes Adjektiv“-System.
Satz | Transkript | Übersetzung |
---|---|---|
ペーターは太い。 | Peter wa futoi. | Peter hat große Knochen. |
ゲッビの膝は安楽です。 | Gebbi no hiza wa anraku desu. | Gebbis Schoß ist bequem. |
ケーキは円くないです。 | Keeki wa marukunai desu. | Der Kuchen ist nicht rund. |
僕のワーレットはどっしりだった。 | Boku no waaretto wa dosshiri datta. | Meine Brieftasche war schwer. Doch dann kam Gaben. |
その例題はあほらしい。 | Sono reidai wa ahorashii. | Diese Beispiele sind absurd. |
Ach ja, wichtig: Nur, weil Verbaladjektive auf い enden, heißt das nicht, dass alle Adjektive, die am Ende ein い stehen haben, auch Verbaladjektive sind! Unterscheiden kann man sie aber grundsätzlich, indem man guckt, ob das い als Okurigana dranhängt. Wenn ja, ist es ein Idjektiv, wenn es Teil eines Kanji ist, ein Nadjektiv. Oh Gott, streicht diese dummen Begriffe bitte sofort wieder aus euren Hirnen.
Weshalb man diese Dinger nun „na-Adjektive“ nennt? Wie man Verben und Nomen mit Adjektiven beschreiben kann? Welche dummen Beispielsätze und Bilder zum Thema Adjektive noch folgen werden? Das erfahrt ihr im nächsten Teil, falls ich Lust hab! Ansonsten folgt wieder Prokrastination von meiner Seite, yay! \o/
Gepostet von naich am 23.06.2014 | 52 Kommentare
Vorwort: Eigentlich hatte ich vor, das Thema auf maximal zwei Texte zu beschränken, aber ich hab so viele erwähnenswerte Leute des Animegewerbes gefunden, dass es wohl doch etwas länger wird…
Ach ja, und: Da habt ihr nun euren ernsten Artikel. Zufrieden?
Wer meinen alten Artikel zum Thema Animationsqualität gelesen hat, der dürfte eine ungefähre Vorstellung davon haben, wie ich damals gute Animation definiert hab. Nun, einige Monate und Recherchen später musste ich feststellen, dass man diese Definition über den Tisch hauen kann, weil es genug japanische Animezeichner gibt, die sich schlicht nicht an diese Regeln halten und es dennoch hinbekommen, atemberaubende Animation auf das Zeichenbrett zu klatschen. Leider sind Sakuga-Fans hier im Westen eine ziemliche Randgruppe (bzw. eigentlich die Randgruppe einer Randgruppe) und somit bekommen viele Zeichner nicht die Anerkennung, die sie eigentlich verdient hätten. In dieser Artikelserie möchte ich einige wichtige Animezeichner vorstellen, wie man ihre Animationsstile auseinanderhält und welchen Einfluss sie auf die Animewelt hatten.
Zuerst will ich aber noch die Erkenntnisse meines vorigen, längst überholten Artikels zusammenfassen bzw. korrigieren und einige Dinge klarstellen, wie japanische Animation überhaupt funktioniert.
Anime wurde bis vor Kurzem auf Zelluloidfolie („Cels„) produziert. Das sind durchsichtige Kunststofffolien, worauf einzelne Elemente eines Frames gezeichnet und für ein Gesamtbild später zusammengelegt werden. Das bedeutet, dass Teile des Hintergrundes und Teile des Vordergrundes für längere Szenen „recycelt“ werden können. Beispielsweise könnte für eine Sprech-Animation eines Animecharakters eine Cel für den Hintergrund, eine für den Charakter selbst und vier oder fünf verschiedene für die Mundbewegung vorgegeben sein. Der Zeichner könnte Hintergrund und Charakterbild komplett statisch lassen und müsste nur alle paar Millisekunden den Mund austauschen, um die Illusion eines sprechenden Animecharakters zu erzeugen. Das erlaubt eine Animationstechnik, die japanische Anime geprägt und perfektioniert haben: Die sogenannte Limited Animation. Diese Technik steht der Full Animation gegenüber, die große westliche Studios wie Disney einsetzen. Limited Animation bietet allerdings eine gute Möglichkeit, Frames und Zeit zu sparen, da das Hauptaugenmerk hier auf konsistente, schöne Einzelzeichnungen liegt, während Disney eher auf „tatsächliche“ Animation setzt. Heute ist die klassische Animation auf Cels so gut wie ausgestorben, aber moderne digitale Techniken basieren auf demselben Prinzip.
Animationen (nicht nur japanische) basieren im Wesentlichen auf zwei Arten von Zeichnungen: Keyframes (genga) und Inbetweens (douga). Keyframes versuchen, Extrempunkte einer Animation darzustellen. Das wären zum Beispiel bei einer Lauf-Animation zwei Frames, bei denen jeweils ein Fuß den Boden berührt, und zwei Frames, bei denen beide Füße ausgestreckt sind. Inbetweens hingegen sind jene Frames, die zwischen den Keyframes gezeichnet werden müssen, um die Lauf-Animation auch flüssig zu gestalten. Die Lauf-Animation („walk cycle“) ist übrigens meistens die erste Animation, die ein angehender Animator in seinem Leben zeichnet.
Eine Besonderheit, die japanische Animation von westlicher heraushebt, ist die Tatsache, dass für ganze Animeszenen meist nur ein einziger Keyframe-Animator zuständig ist. In westlichen Studios werden Szenen so auf die Mitarbeiter aufgeteilt, dass für Hintergrund, Hauptcharakter, Nebencharaktere etc. jeweils eine Person verantwortlich ist, aber in Anime steckt hinter einer ganzen (Keyframe-)Szene ein einziger Zeichner. Dadurch kristallisieren sich Eigenheiten und persönliche Stile dieser Animators sehr stark heraus, was dazu führte, dass sich eine regelrechte Fanbase um gute Animation mit charakteristischen Stilen bildete. Wir nennen uns gern „Sakuga„-Fans.
Und zum Schluss: Wie definiert man nun, was gute und was schlechte Animation ausmacht? Ich denke, wir sind uns einig: Animation ist Kunst. Und wie bei bekannten Gemälden von Dali und Michelangelo liegt es auch bei Animation daran, welcher Gedanke und welche Intention hinter der Kunst liegt. Ein Schuh auf einem Podest mag dumm aussehen, kann aber dennoch Kunst sein, wenn der Künstler damit seine Freude an der Kunst ausdrückt und vielleicht damit eine Aussage macht, die dem Betrachter zu denken geben soll. Genauso verhält es sich mit Animation. Wurde eine Szene in ein Studio nach Korea ausgelagert, dessen Mitarbeiter Bewegungen nur in Schichtarbeit zeichnen und einfach nur froh sind, ihre Familien ernähren zu können, mag die Animation vielleicht in Ordnung aussehen, aber ihr wird ganz bestimmt eine gewisse Passion fehlen, die eine gute Zeichentrick-Bewegung ausmacht. Aber das ist nur meine Definition, jeder soll die Animation gut finden, die er gut finden will. Solange er/sie nicht Animation mit Zeichenqualität verwechselt…
Also gut, mit welchem Großmeister der Animationkunst beginnen wir? Natürlich mit dem, der diesen ganzen Keyframe-Inbetween-Kram über den Haufen wirft und lieber so arbeitet, wie es ihm gerne passt.
Iso Mitsuo
Dieser Animator wird wohl zurecht als einer der Götter der Animationskunst angesehen. Während in den 80ern und 90ern die Animestudios langsam begannen, halbwegs interessante Choreographien für ihre Storyboards zu entwickeln, die schöne, flüssige Animation mit vielen Inbetweens zuließen, bestand Iso einfach darauf, für seine Szenen alle Inbetweens wegzulassen und ihm die komplette Bewegung rein mit Keyframes zu überlassen. Das hört sich vielleicht nach einer schrecklichen Idee an, aber Iso verstand es, seinen Animationen ein richtiges, beinahe spürbares Gewicht zu verleihen, sodass sein relativ stockender Stil mit reiner kinetischer Energie wieder wettgemacht wird, und das, ohne Objekte oder Charaktere stark zu verformen.
Diese Szene aus End of Evangelion ist wohl sein bekanntestes frühes Werk. Obwohl die Bewegung etwas abgehackt wirkt, kann man das Gewicht der Mechas und ihrer Waffen sogar ohne Sound regelrecht fühlen. Wenn etwas zerstört wird, fliegen die Einzelteile in ihre jeweils eigene Richtung und mit eigener kinetischer Energie. Dabei setzt Iso nicht auf Verformung von Objekten, wie es viele andere Animators tun, sondern besitzt einen relativ realistischen Stil, der höchstens von Verwischungen, die besonders schnelle Bewegung repräsentieren soll, unterbrochen wird.
Itano Ichirou
Manche Zeichner in der japanischen Animeindustrie haben ein so auffälliges Markenzeichen, dass es von anderen großen Animators regelmäßig kopiert und persifliert wird. Itano ist einer von diesen Leuten. Er war wohl der Erste, der sich einer virtuellen Kamera in einem dreidimensionalen Animeraum bewusst war und diese in Actionszenen dynamisch einsetzte, um sie bewegungsreicher zu gestalten. Während sich in den 70ern der Zuschauer damit zufriedengeben musste, dass in einer Szene nur eine Sache geschehen durfte (z.B. Charakter schießt mit einer Pistole – Schnitt – Gegner wird nicht getroffen – Schnitt – Gegner schießt zurück etc.), entwarf Itano geradezu revolutionäre Kampfchoreographien, indem er mit Kamerafahrten und vielen sich gleichzeitig bewegenden Objekten experimentierte.
Itanos Art, in Kampfszenen mit Raketen umzugehen, machte ihn wohl legendär. Im sogenannten Itano Circus verfolgt die Kamera einen flinken Charakter (meist einen Mecha) in der Luft, während er von tanzenden, oft parallel fliegenden Raketen verfolgt wird.

Itano Circus in Sasami-san@Ganbaranai von Abe Gen'ichiro, bekannt durch seine Arbeit bei Shaft. Der Itano Circus wird übrigens nicht nur so bezeichnet, wenn wirkliche Raketen im Spiel sind.
Kanada Yoshinori
Kanada Yoshinori hat einen ganzen Zweig von Animationsstilen, die heute aktiv in japanischen Animestudios eingesetzt werden, geprägt. Bei Actionszenen legt er weniger Wert auf das wirkliche Geschehen, dafür versucht er, das Maximum an „Coolness“ in diese Szenen hineinzupressen. Er verkompliziert animierte Objekte sehr gern, indem er kontrastreiche Farben für seine Schattierungen einsetzt und reflektierende Lichter extrem hervorhebt. Ihm scheint es hauptsächlich darum zu gehen, die Charaktere während des Kampfes in coolen Posen und Haltungen zu zeigen.

Abgesehen von der Pose und der sehr kontrastreichen Schattierungsmethode hat Kanada noch ein weiteres Markenzeichen: den von einem Punkt ausgehende X-Lichtblitz, bekannt als "Kanada Light Flare"
Neben dem Kanada Light Flare erlangte er auch durch seinen Feuerdrachen Bekanntheit, unter Sakuga-Fans als „Kanada Dragon“ oder „Kanada Fire Dragon“ bekannt. Das ist eine riesige aufsteigende Flamme, die einem chinesischen Drachen ähnelt. Folgendes Video stammt nicht von Kanada selbst, zeigt aber sehr gut, wie andere Zeichner seinen Drachen übernommen haben.
Imaishi Hiroyuki
Dieser Name ist vermutlich auch bei Nichtkennern bekannt, dabei hat der bekannteste Mitbegründer von Studio Trigger seinen berühmten Stil längst nicht erfunden. Tatsächlich ist Imaishi ein sehr großer Fan von Kanadas Art zu animieren, was man auch in vielen seiner Szenen deutlich erkennen kann. Allerdings unterscheiden sich beide Stile in mehreren Punkten. Während Imaishi Kanadas bekannte komplizieten Objekte stark vereinfacht und seine Schattierungen größere einfärbige Flächen bilden, macht er bei Kanadas Posen das absolute Gegenteil und verformt und verbiegt seine Charaktere zwischen den coolen Haltungen in einem viel stärkeren Ausmaß. Das macht er zwar oft entgegen den Gesetzen der Physik, allerdings baut er auch gerne extreme Kameraperspektiven ein, um den Charakteren einen beinahe hyperaktiven Anschein zu geben.

Scheint, als wär es ihm völlig egal, wie er die Eule erwischt, Hauptsache, er kann sich dabei cool bewegen. Auch Imaishis bekannten extremen Perspektiven sind hier gut zu sehen.
Imaishi übertreibt auch gerne Kanadas Farbgebung in seiner Schattierungstechnik. Er verwendet viele sehr helle Farben bei beleuchteten Teilen, aber Schatten bilden dazu den völligen Kontrast und werden komplett eingeschwärzt. Zusammen mit der starken Hervorhebung des Kanada Light Flare erscheinen seine Zeichnungen manchmal sehr comichaft. Deutlich erkennen kann man das an den Eyecatches von Gurren Lagann, die allesamt von ihm stammen.
Außerdem scheint Imaishi in seinen Storyboards einen Hang zu hunderten gleich aussehenden Hintergrundcharakteren zu haben. Keine Ahnung, woher er das hat, aber ich find’s cool.
Fortsetzung folgt in Teil 2…
Quellen waren neben Sakugabooru, Sean Bires‘ YouTube-Mitschnitt des Sakuga-Panels der Anime Central in Chicago und persönlicher Erfahrung/Beobachtung/Animesammlung noch dieses Video.
Gepostet von naich am 26.05.2014 | 57 Kommentare
Fansubben wie ein Vorgesetzter
Teil 5: Encode
Nach einer kleinen Sendepause geht es weiter mit unserer beliebten Bildungsserie „Fansubben wie ein Vorgesetzter“. Da Codo III anscheinend seit mehreren Monaten an einer Schreibblockade leidet und den Type-Artikel nicht fertigstellen kann, werde ich den Inhalt zusammenfassen:
- Öffnet die Untertiteldatei mit
einem Hex-EditorAegisub. - Lokalisiert die beiden Types, die der Übersetzer markiert hat. Sind mehr als zwei Types im Skript, darf der Typer laut §6a, Abschnitt 15B und C des Fansubkodexverordnungsgesetzeslagenhinweisdokumentenkartoffellolwiesoliestdudasbasisvertrags,
dem Übersetzer kräftig ins Fressbrett hauen. Schließlich wären mehr als zwei Types nicht mit den Prokrastinationsstandards eines Typers vereinbar.
- Stellt sicher, dass sich das Werkzeug für das Vorschaufenster im Standardmodus (zum Positionieren) befindet.
- Doppelklickt auf die Stelle, an die der Type erscheinen soll.
- Voilà, ihr dürft dich nun Typer nennen etc. etc. etc.
So, da das nun geklärt ist, können wir uns in die Untiefen des Encodings wagen.
Ein schlechtes Fansub-Team würde den Encoder jetzt wohl dazu zwingen, sich eine der zahlreichen qualitativ hochwertigen SD-Fertigraws aus dem Internet zu laden, aber da wir als eingespielte Gruppe stets zusammenhalten, hat uns der Timer natürlich schon seine rohe Videodatei auf den FTP geladen. Oder per Skype gesendet. Oder uns den Nyaa-Link gegeben. Oder uns dezente Hinweise über die englische Fansubgruppe gegeben. Oder Briefbombe, weil ich weiß, wo du wohnst, lieber Timer.
Grundsätzlich eröffnen sich uns nun zwei Möglichkeiten. Wir könnten natürlich gar nichts an der Rohdatei ändern, den fertigen Untertitel einfach raufkleistern und das dann veröffentlichen. Allerdings werdet ihr bereits beim Reinschnuppern in die Rohdatei merken: Die englischen Fansubgruppen können nicht encoden.
Wenn ihr keinen Spott und Hohn von euren Leechern ernten wollt, müsst ihr natürlich selbst encoden. Das ist aber kein Problem – Encoden ist super-einfach!
Dazu öffnet ihr die Rohdatei im zweitbesten Videoplayer aller Zeiten (nach Windows Media Player natürlich) – VLC. Hier konvertieren wir das Video in ein verarbeitungsfähiges Format. Während das Video abspielt, müsst ihr dazu einfach nur die ganzen 24 Minuten Shift und S gedrückt halten. Sobald die Folge fertig ist, reicht ein kurzer Blick in euer Eigene-Bilder-Verzeichnis und ihr könnt die wichtigsten Frames einzeln betrachten, und – was viel wichtiger ist – auch bearbeiten!
Denn so hässlich, wie die englischen Fansubber das Bild freigegeben haben, dürfen wir es den undankbaren Leechern natürlich nicht vorsetzen. Betrachten wir anhand von Beispielframes, welche Bildfeher wir als Encoder unbedingt ausmerzen müssen.
Banding
Der so ziemlich größte und hässlichste Bildfehler, der in Anime vorkommen kann, ist das sogenannte Banding. Es bezeichnet Farbverläufe, die eindeutig mit dem Auge sichtbar stufig sind. Soll heißen, dass eine Farbe nicht langsam und gleichmäßig von zB grün auf blau verläuft, sondern abgehackt und mit sichtbaren Grenzen. In diesem Screenshot ist eindeutiges Banding zu sehen. Der Übergang zwischen Misakas Hals und ihrem Gesicht ist viel zu abrupt und überhaupt nicht gleichmäßig. Ebenso kann man sehen, dass der dunkle, nächtliche Hintergrund farblich überhaupt nicht zu Misakas Haaren passt; ein eindeutiger Fall von extremem Banding. Da die fertige Rohdatei natürlich zweifellos die beste Videoquelle dieser Folge im ganzen Internet darstellt, haben wir das Problem, dass wir diesen Bildfehler nur kaschieren können – und zwar mit einem tollen Trick, der sich Grain nennt, also eine Art künstliches, aber filmtypisches Kriseln.
Wie wenden wir den Grain an? Natürlich öffnen wir dazu die Frames, die Banding aufweisen, mit MS Paint und bearbeiten ihn an den entsprechenden Stellen mit der sogenannten Graining-Technik!
Manchmal hat man einen Anime als Quelle, bei dem die Konturen einfach nicht genug herausstechen. Das muss nicht unbedingt die Schuld der englischen Fansubgruppe sein, oft ist auch das zuständige Animestudio zu schludrig gewesen. Da wir natürlich schlauer als das Studio sind, müssen wir diese offensichtlichen Fehler ausbessern. In unserem Screenshot sehen wir einen generischen, dummen Charakter mit sehr schwachem Umriss vor einem Hintergrund, der zum Großteil aus einem hellblauen Himmel besteht. Aus dem Kunstunterricht haben wir gelernt, dass die Komplementärfarbe zu hellblau rot ist. Was tun wir also? Natürlich färben wir die Konturen in MS Paint in exakt dieser Komplementärfarbe!
Die Profis von der Spree wissen: Jeder Anime ist grundsätzlich zu unscharf. Doch durch Papas Kochkünste wissen wir auch: Jedes Curry ist grundsätzlich zu scharf. Wie findet der schlaue Encoder da einen Kompromiss? Ist doch klar, das Bild muss so verändert werden, dass einem schon beim Hinsehen heiß wird! Verwendet viele warme Farben und schreckt auch nicht davor zurück, der Szene eine gewisse „persönliche Note“ zu verpassen.
Nach diesen Filtertechniken fehlt eigentlich nur noch eines: der Untertitel! Da unsere fleißigen Gruppenmitglieder den Untertitel bereits perfekt zwei Monate zu spät zusammengestellt haben, liegt es nun an uns, ihn auch im Video anzeigen zu lassen. Dazu bietet sich natürlich das komplexe und mächtige Text-Tool von MS Paint an!
So, wenn nun alle Bilder erfolgreich editiert wurden, sodass das resultierende Video anständig und professionell aussieht, muss es anschließend natürlich noch in ein Video zusammengeschnitten werden! Wie stellen wir das an? Ist doch klar, wir drucken die Frames aus und verarbeiten sie in ein hübsches Daumenkino! Aber da wir ja schließlich eine moderne, professionelle Fansubgruppe sind und keine ausgedruckten Bildchen per Post versenden, brauchen wir auch eine digitale Version des Videos. Dazu legen wir das Daumenkino vor uns auf einen Tisch, lassen es durchlaufen und speichern dabei gleichzeitig das resultierende Video mit der Handykamera. Genial!
Das Endergebnis dürfte dann wohl ungefähr so aussehen:
Damit das Video später auch flüssig genug angezeigt wird, muss nur noch mit einem beliebigen Videoschnittprogramm die Geschwindigkeit entsprechend heraufgesetzt werden, aber was zur Hölle, fragt mich nicht, ich editiere doch keine verdammten Videos.
Herzlichen Glückwunsch,
ihr habt soeben erfolgreich und gut encodet!
Gepostet von naich am 23.05.2014 | 58 Kommentare
Letzte Flash-News für eine Weile. Mir sind die lustigen Videos ausgegangen, in die ich Gebbis Kopf einbauen kann.
Gepostet von naich am 22.05.2014 | 7 Kommentare