SEKIRO ist härter als Bloodborne und Dark Souls – das ist auch gut so!

Sony ärgert sich bestimmt heute noch darüber, dass sie From Software 2009, zum Release von Demon’s Souls, quasi untersagt haben, mit dem hohen Schwierigkeitsgrad des Titels zu werben. Dabei war es doch eben genau dieser, der das Rollenspiel zum Hit machte und alleine durch Mundpropaganda einen Release in den USA und Europa ermöglichte. Seit Dark Souls wissen wir: Bei Spielen aus der Feder von Hidetaka Miyazaki wird niemand geschont – der brutale Anspruch ist nichts für Freunde der leichten Unterhaltung. Auch »Sekiro: Shadows Die Twice«, der neueste Geniestreich von From Software, steht diesem Motto in nichts nach. Das Shinobi-Abenteuer legt sogar noch ein paar Pfund drauf und bringt Souls-Veteranen ins Schwitzen.

„Casualizing“ war die größte Angst der Fans, als Miyazaki zur Enthüllung von Sekiro bekannt gab, dass Shadows Die Twice nicht dem eingefahrenen Pfad der Souls-Games folgen, sondern gänzlich neue Ansätze probieren wird. Vor allem eine Anpassung auf den Mainstream-Markt wurde befürchtet, immerhin stand diesmal Activsion als Publisher hinter dem Projekt – nicht gerade dafür bekannt, Spiele für Nischen zu machen. Ein Aufatmen gab aber es schon nach den ersten Anspielmöglichkeiten auf Spielemessen: Sekiro ist bockschwer. Glück gehabt! Aber nicht zu früh lachen: Selbst geübte Profis in Dark Souls oder Bloodborne werden nicht in gewohnter Manier durch das Spiel rennen können, denn Sekiro ist gnadenloser, als wir es uns vorgestellt haben.

Und genau dieser Umstand zieht seit Release viele Kritker an, aus Reihen der Spieler und der Presse, die From Software unterstellen, nicht im Jahr 2019 angekommen zu sein. Der Verzicht auf einen auswählbaren Schwierigkeitsgrad macht Durchschnittsspielern das Leben schwer und es hagelt Misskredit auf Steam (zum Glück nicht so viel, dass es das die Wertung beeinflusst) sowie kritische Artikel bei zB. Kotaku. Es ist ein Bild, dass sich jedes Mal abzeichnet, wenn From Software ein neues Spiel veröffentlicht. Als man mit Demon’s Souls und Dark Souls noch Nische war, kümmerte es niemanden (außer einen erbosten Harald Fränkel), doch spätestens seit Bloodborne sind die Titel von Hidetaka Miyazaki im Mainstream angekommen und müssen sich Spielern stellen, die kein Interesse an der knackigen Herausforderung haben, sondern nur darauf aus sind, ein weiteres Durchgespielt-Achievement in ihrer Liste zu haben.

Wird From Software dem Wunsch nach weiniger Pein nachkommen? Natürlich nicht! Ist das eine falsche Entscheidung? Natürlich nicht! Sekiro ist ein Geniestreich, der sogar Souls-Veteranen wie mich auf die harte Probe stellt. Weil das Kampfsystem komplett auf dem Katana beruht und wenig Möglichkeiten bietet, das Umfeld zu verbessern, muss ich das komplexe Langschwert lernen, damit ich überhaupt eine Chance gegen meine Gegner und vor allem die bockschweren Bosse habe. Im Gegensatz zu älteren Souls-Games, die eher an das Konzept „Rollenspiel“ angelehnt waren, ich also volle Kontrolle über die Entwicklung und Ausstattung meines Charakters hatte, muss ich in Sekiro mit der kargen Ausrüstung auskommen, die From Software mir am Anfang mitgibt. Sprich: Anstatt einer Vielzahl an Waffen und Rüstungen habe ich nur mein Katana zur Hand und dünnen Stoff am Leibe. Statuswerte kann ich nur mühsam durch das Töten von Bossen in den Bereichen Lebenskraft sowie Angriffsstärke ausbauen und die Effektivität der verschiedenen Prothesen-Module (mit denen ich unter anderem Wurfsterne schmeiße, Feuer werfe oder eine mächtige Axt schwinge) ist in langen Runden überschaubar. Selbst die verschiedenen Techniken (Moves und passive Boni), die ich über die Zeit lerne, bieten nur eine geringfügige Verbesserung. Letztlich dreht sich alles ums Katana.

Das Kampfsystem von Sekiro erfordert viel Hingabe zum Detail, denn das Spiel verzeiht keine Patzer. Erst wenn ich die Abfolge zwischen Zuschlagen, Blockieren, Parieren und Ausweichen sekundengenau hinbekomme, sehe ich eine Sonne. Und dann kommen sie auch, diese großartigen Souls-Momente, wenn ich einen zuvor unbesiegbar scheinenden Gegner, an dem ich minutenlang herumkrebse, nach langer Zeit des Übens endlich in unter 10 Sekunden in den Dreck schicke, weil ich seine Bewegungen und Strategie gelernt habe. In Sekiro geht es nicht um übermächtige Waffen oder krasse Statuswerte, sondern rein um Skill – und den hat eben nicht jeder gleich von Anfang an dabei. Dass man sich keine Hilfe via Online-Multiplayer dazuholen kann, weil es diesen leider komplett nicht gibt, ist da natürlich ärgerlich, motiviert aber nur umso mehr, mich voll reinzuhängen.

Auch wenn ich verstehen kann, dass die Investition von 60€ für ein Spiel, das ich im Zweifel schon nach ein paar Stunden frustriert entsorge, kritisch ist, kann ich jedem dazu raten, es zumindest mal zu probieren. Es lohnt sich sehr, denn dieses wohlige Gefühl, ein echter Gott zu sein, bekommt man nur in wenigen Spielen wirklich geboten. Diese müssen mir dann allerhand Macht an die Hand geben, damit ich mich unsterblich fühle, bei Sekiro reicht es, mein Katana wie ein Meister zu schwingen und so jeden Feind in die Flucht zu schlagen.

In einer Zeit, in der die großen Publisher vorwiegend den Mainstream bedienen und nicht davor zurückschrecken, ihre Spiele hemmungslos zu vereinfachen, um laute Stimmen bei Reddit oder Twitter zu befriedigen, scheint From Software wie eine Oase in der Wüste. Ein Ort an dem Spielspaß und Herausforderung sich die Klinke in die Hand geben. Etwas, was man sonst fast nur noch im Indiesektor findet. Würde Miyazaki das aufgeben, nur um ein paar mehr Einheiten zu verkaufen, würden seine Ideen ihre Identität verlieren. Dann wären zukünftige Souls-Games nichts weiter als einfach nur durchschnittlich gut. Wir können sehr dankbar dafür sein, dass das (hoffentlich) nicht passieren wird.

Autor:
Datum: 11.04.2019
Kategorien: Blog, Gaming-Reviews

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