Resident Evil 7: So gut ist der „Reboot“ der Serie
Mit Resident Evil 7 will Capcom nicht nur einen neuen Ableger seiner wohlgenährten Zombiesau auf die Menschheit hetzen, sondern den Genreveteran auch mit frischem Wind zu alter Größe aufblasen. Während sich die Reihe in der Vergangenheit immer weiter vom Gedanken des Survival-Horrors weg, und hin zum Shooter-Gemetzel, entwickelt hat, fordern viele Fans schon lange die Rückkehr zu alten Tugenden. Kein Wunder also, dass die komplette Marketingsstrategie für den siebten Teil auf dem Motto „Back to the Roots; Zurück zum Ursprung“ aufbaut. Große Worte, die Capcom nicht zum ersten Mal in den Mund nimmt. Ob wir diesmal wirklich mit einem „echten Resident Evil“ rechnen können, habe ich für euch ausprobiert. Lest nun meine Kritik zu Resident Evil 7: Biohazard.
Es läuft nicht gerade gut für Ethan Winters: Vor drei Jahren verschwand seine Frau Mia spurlos während eines „Babysitter-Jobs“, nur damit ihn die Totgeglaubte jetzt per mysteriöser E-Mail darum bitten kann, sie doch noch zu retten. Dem Gedanken, seiner geliebten Frau vielleicht doch noch mal zu begegnen, oder zumindest mehr über ihr Verschwinden zu erfahren, folgend, macht er sich auf den Weg ins sumpfige Louisiana; genauer gesagt zur Farm der Familie Baker. Ethan erreicht die nach außen verlassen wirkende Farm mit Auto und stellt schon sehr bald fest, dass es hinter den modrigen Bretterverschlägen mehr Leben gibt, als ihm eigentlich lieb ist.
Die Bakers sind eine lustige kleine Sippe, mit ganz besonderen Vorlieben: Papa Jack zerstückelt Besucher gerne mit diversen Gartenwerkzeugen, Mama Margruite serviert zum Abendessen am liebsten vergammelte Eingeweide und Sohnemann Lucas hat seine große Freude daran, sadistische Spielchen mit den Gästen zu treiben. Die Bakers bieten alles, was abgefahrene Horrorklischees im Repertoire haben. Die Schlächter-Familie schließt Ethan sogleich in ihr Herz und lädt ihn sogar ungewollt zum Abendessen ein. Danach eskaliert die Situation aber und der Überlebenshorror beginnt.
Auf seiner Suche nach Mia, der Wahrheit über ihr Verschwinden und schließlich auch nach einer Möglichkeit zur Flucht vor den Bakers hilft ihm die mysteriöse Zoe, die Ethan per Telefon immer wieder mit Hinweisen unter die Arme greift und sein virtuelles Alter Ego durch die rund neun Stunden andauernde Kampagne lenkt. Hauptschauplatz des Spektakels ist das weitläufige Anwesen der Familie – samt Nebengebäuden, verwinkeltem Gruselkeller, überwuchertem Garten und einem Sumpf.
Capcom schickt uns hier auf eine Gratwanderung zwischen allerlei modernen Ansätzen, was vor allem die Inszenierung und die Steuerung angeht, und dem Feeling der früheren Resi-Spiele. Wir rätseln uns also in Ego-Perspektive durchs Areal, lösen allerhand Rätsel, sammeln Heilkräuter sowie andere nützliche Gegenstände, nehmen es mit den Bewohnern der Farm auf und kommen dabei allmählich den Geheimnissen der blutrünstigen Familie auf die Spur. Allerdings geht der Story zum Ende hin ein wenig die Puste aus und Capcom kommt doch nicht so ganz drum herum, uns durch eine kurze Schießbude zu schicken und die Spielzeit damit noch ein wenig zu strecken.
Der Schwierigkeitsgrad ist etwas durchwachsen geraten. Auf „Leicht“ ist das Spiel teilweise zu einfach und keine Herausforderung. Viele Autosaves, unendliche Speichermöglichkeiten mit dem Kassettenrekorder und schwächliche Gegner machen das Durchspielen zu einer Kaffeefahrt. Auf „Normal“ wird die Sache etwas spannender, weil einem das Spiel vor allem weniger Speichermöglichkeiten an die Hand gibt. Allerdings sind die Gegner dann auch wiederum so stark, dass man hier und da leicht verzweifeln könnte. Richtig interessant wird es dann mit „Irrenhaus“, den man entweder per Vorbestellerboni oder nach einmaligem Durchspielen erhält. Hier verzichtet das Spiel komplett auf Autosaves, Speichern geht – wie im Klassiker – nur noch durch Kassetten, die man im Spielverlauf findet. Dazu kommen wesentlich stärkere Gegner sowie eine verminderte Anzahl Munition und Heilmöglichkeiten. Das reizt vor allem Hardcore-Survival-Fans.
Resi 7 spielt sich solide und grundlegend wie aus einem Guss. Die Entwickler haben eine ideale Balance zwischen actionreichen Shooter-Strecken, nervenaufreibender Atmosphäre und ruhigen Passagen, in denen wir das Anwesen erkunden und uns den Rätseln widmen, geschaffen. Gerade weil uns das Spiel nicht – wie etwa Genrekollege Outlast – ohne Verschnaufpause durch die Handlung hetzt, haben wir viel Zeit einen Blick aufs Detail zu werfen. Und der lohnt sich wirklich, denn überall gibt es versteckte Hinweise oder Referenzen zu finden. Wir hier im Turbogang die Credits erreichen will, verpasst mitunter die wahren Highlights.
Der Mix aus Akte X und Texas Chainsaw Massacre ist wunderbar gruselig, wenn auch nicht zu stark auf Terror und mehr in Richtung Nervenkitzel orientiert. Der Horror kommt wie so oft nicht aus dem Tatsächlichem, sondern aus dem Vielleicht. Was lauert hinter der nächsten Tür? War da nicht gerade ein Rascheln im Gang hinter mir? Warum ist es hier plötzlich so dunkel!? Vor allem die Optik macht dabei viel her, womit nicht zwingend die Grafik gemeint ist, die auf der PS4 zwar in 1080p/60 daherkommt, dafür aber oft schwache Texturen bietet. Gemeint sind damit die düsteren Kulissen, das Spiel mit Licht und Dunkelheit sowie der überdurchschnittlich hohe und höchst wahrscheinlich nur knapp an der Indizierung vorbeigerauschte Gewaltgrad. Resident Evil 7 ist streckenweise eine wahre Blutschlacht, in der abgetrennte Körperteile noch das Harmloseste sind.
Akustisch punktet Resi 7 mit einem tollen deutschen Sprechercast, wobei nach Belieben natürlich auch auf Englisch umgestellt werden kann. Ansonsten macht der Sound wenig her. Das passt zwar gut zur Atmosphäre, aber bis auf ein eingängiges Titellied hat der Soundtrack recht wenig zu bieten.
Die große Frage ist jetzt natürlich, ob Capcom tatsächlich die Rückkehr zu den Wurzeln gelungen ist? Eine Antwort darauf ist gar nicht mal so leicht zu finden. Als Fan der ersten Stunde kann ich mich nicht mit allem identifizieren, was die Entwickler mir vorlegen. Vor allem Hauptfigur Ethan wirkt manchmal etwas zu cool für jemanden, der gerade einen wahrhaftigen Albtraum erlebt. Einem gut ausgebildeten Sondereinsatzkommando wie den S.T.A.R.S. nehme ich das eher ab, als einem Otto-Normalo. Das klingt jetzt aber schlimmer als es ist. Capcom hätte meiner Meinung nach sehr gut damit getan, die Reihe tatsächlich zu rebooten und nicht einfach nur eine Sieben als Suffix an den Namen zu klatschen. So ergibt der neue Teil im Gesamtkontext der Serie wenig Sinn und wirkt eher wie ein (sehr gutes) Sequel. Gut, gerade zum Ende hin erwartet uns eine sehr interessante Wendung, aber letztlich gibt das dem kompletten Bild eine gewisse Inkonsequenz. Wer die „alten Wurzeln“ aber alleine auf Horror und Rätsel festmacht, der wird sich hier bestätigt und befriedigt fühlen – da haben die Entwickler ihr Versprechen gehalten.
Mein Fazit: Die Entscheidung, sich vom dauerhaften Shootern zu entfernen und mehr Fokus auf die Atmosphäre zu legen war mehr als richtig. Resident Evil 7 schafft eine gute Balance zwischen Nervenkitzel, Gehirnanstrengung und Ballerei. Hatte die Serie zuvor ihren Zenit längst überschritten, erhebt sich Resi 7 wie der Phönix aus der Asche. Gerne mehr davon!
Datum: 24.01.2017
Kategorien: Blog, Capcom, Gaming-Reviews
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Seid ihr eigentlich verpfichtet den Artikel anzupinnen oder hat das andere Gründe?
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